BVerwG: Sperrmüll kann auch gewerblich gesammelt werden

(c) BBH

Sperrmüll muss nicht grundsätzlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 23.2.2018 entschieden (Az. 7 C 9/16 und 7 C 10/16) und sich damit gegen die vorinstanzliche Entscheidung (Az. 20 A 318/14) des OVG Nordrhein-Westfalen gestellt. Eine schriftliche Begründung des Urteils liegt zwar noch nicht vor, lediglich die Pressemitteilung wurde bislang veröffentlicht. Eine tragende Rolle bei der Entscheidung war aber die Beurteilung, ob Sperrmüll zu den sog. „gemischten Abfällen aus privaten Haushaltungen“ gehöre und damit gem. § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen werden muss.

Was regelt § 17 KrWG?

Diese Pflicht für Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen regelt § 17 Abs. 1 KrWG. Sofern sie die anfallenden Abfälle nicht verwerten, müssen sie sie grundsätzlich dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen.

Dazu gibt es aber Ausnahmen, und die regelt § 17 Abs. 2 KrWG. Die in der Praxis wichtigste und umstrittenste steht dabei in Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, nämlich für Abfälle, die „durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.“ Es gab viel Streit über die Auslegung dieser Norm – insbesondere über ein etwaiges entgegenstehendes öffentliches Interesse – in mehreren Verfahren, die sich mit der Zulässigkeit von Altkleidersammlungen beschäftigten.

Aber auch von dieser Ausnahme gibt es eine Ausnahme, die wiederum in § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG festgelegt wird. Danach gelten die Ausnahmetatbestände des Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (gemeinnützige Sammlung) und Nr. 4 (gewerbliche Sammlung) nicht für die sog. „gemischten Abfälle“ aus privaten Haushaltungen.

Mit der Auslegung dieser Rückausnahme hatte sich das BVerwG nun im vorliegenden Fall zu beschäftigen.

Gehört Sperrmüll zu den gemischten Abfällen aus privaten Haushaltungen?

In den vom BVerwG nunmehr entschiedenen Fällen (die Verfahren 7 C 9/16 und 10/16 wurden verbunden) hatte eine gewerblich Sammlerin von u.a. Sperrmüll gegen die Untersagung ihrer Sammlungen geklagt. Das OVG NRW hatte die Untersagung der gewerblichen Sammlung durch den Beklagten noch mit der Begründung aufrechterhalten, bei Sperrmüll handele es sich um gemischten Abfall aus privaten Haushaltungen. Damit galt die besagte Ausnahme von der Ausnahme (§ 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG) und somit die Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Das OVG begründete dies damit, dass keine Anhaltspunkte gegeben seien, den Anwendungsbereich des Rücknahmetatbestandes allzu eng auszulegen. Weder der weite Wortlaut noch Systematik, Sinn und Zweck des Abs. 2 Satz 2 spreche demnach dagegen, Sperrmüll auch als gemischten Abfall aus privaten Haushaltungen anzusehen. Eine andere Einordnung sei dabei auch nicht durch das Unionsrecht geboten.

Das BVerwG sah das offenbar anders – aus welchen Gründen genau, wird erst aus der schriftlichen Begründung hervorgehen, die mit Spannung erwartet werden darf.

Was passiert jetzt?

Nach der Einordnung des BVerwG durfte die zuständige Behörde sich bei ihrer Untersagung nicht auf den Rückausnahmetatbestand (Abs. 2 Satz 2) berufen. Das heißt aber noch nicht unbedingt, dass auch die Voraussetzungen des oben erwähnten Ausnahmetatbestandes § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG bestehen. Insbesondere dürfte der gewerblichen Sammlung kein überwiegendes öffentliches Interesse entgegenstehen. Ansatzpunkte, wann dies der Fall ist, soll der § 17 Abs. 3 KrWG geben. Ausschlaggebend soll danach die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sein.

Das BVerwG hat den Fall an das OVG zurückverwiesen, das jetzt ermitteln soll, ob die Funktionsfähigkeit durch die gewerbliche Sammlung gefährdet wird. Der bisherige Sachverhalt gab dem Gericht dazu keine ausreichenden Informationen. Das OVG NRW wird sich nun also erneut mit dem Fall beschäftigen müssen. Allerdings mit der Frage, ob für die gewerbliche Sammlung der Ausnahmetatbestand des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG greift. Auf die Antwort des Gerichts wird die Branche sicher mit großem Interesse warten. Wir tun dies natürlich auch und werden zu gegebener Zeit berichten.

Ansprechpartner:  Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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