EEG und Corona: Auswirkungen für Anlagenbetreiber, Netzbetreiber und Stromlieferanten
Die Einschränkungen des Wirtschaftslebens und des öffentlichen Lebens durch die Corona-Pandemie lassen auch das EEG nicht unberührt. Die Behörden zeigen sich zwar generell bereit, flexibel auf die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie zu reagieren, aber dennoch bleiben viele rechtliche Unsicherheiten, die der Gesetzgeber ausräumen sollte.
Die Corona-Krise dürfte den ohnehin schon schleppenden Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter verzögern. Die Probleme entstehen vor allem, weil wichtige Komponenten aufgrund unterbrochener Lieferketten ausbleiben und weil es an verfügbaren Arbeitskräften zur Montage mangelt. Hinzu kommen erhebliche Verschiebungen durch Planungs- und Genehmigungsprozesse. Verschärft wird dies nun dadurch, dass Realisierungsfristen für Projekte in der Ausschreibung nicht eingehalten werden können und dadurch Strafzahlungen und der Verfall von Zuschlägen drohen – wobei sich hier bereits sachgerechte Lösungen andeuten.
Gleichzeitig berühren die aktuellen Entwicklungen auch den durch Netzbetreiber, Stromlieferanten und Eigenversorger abgewickelten Ausgleichsmechanismus im EEG. Wie hier mit Zahlungs- und Abrechnungsfristen umzugehen ist, die nicht eingehalten werden können, oder mit ausfallenden oder verzögerten Zahlungen, ist bislang vielfach nicht geklärt.
Realisierungsfristen bei Ausschreibungen
Für alle Anlagen, die in dem seit dem EEG 2017 unterfallenden Ausschreibungsregime einen Zuschlag erhalten (Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen über 750 kW, Biomasseanlagen über 150 kW), bestehen gesetzliche Realisierungsfristen. Wenn diese nicht eingehalten werden, werden Strafzahlungen fällig, und nach einer Frist verfällt der Zuschlag insgesamt. Wenn die Projektumsetzungsfristen nun aufgrund der Corona-Pandemie nicht eingehalten werden können, werden zum einen Projekte nicht realisiert. Zum anderen bringt das Projektierer und Anlagenerrichter unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Die BNetzA ist dafür zuständig, die Ausschreibungen abzuwickeln und hat hier nun immerhin schnelle und flexible Hilfe angekündigt. Für Ausschreibungen, die bereits abgeschlossen sind, soll für Windenergieanlagen an Land und Biomasseanlagen eine Verlängerung der Realisierungsfrist auf formlosen Antrag unbürokratisch gewährt werden, wenn in dem Antrag die Gründe angeführt werden, aus denen sich das Projekt verzögert. Bei Solaranlagen soll es bis auf weiteres möglich sein, eine Zahlungsberechtigung vor der Inbetriebnahme der Anlage zu beantragen. Außerdem soll der Zuschlag nicht verfallen, wenn die geplante Solarinstallation als Projekt im Marktstammdatenregister erfasst ist und die Gründe für die Verzögerung mitgeteilt werden.
Die rechtliche Basis für diese pragmatische Verlängerung erscheint zwar nicht ganz eindeutig. Dies gilt vor allem für Solaranlagen, wo die Frist zur Beantragung der Zahlungsberechtigung sogar eine materielle Ausschlussfrist ist. Eine gesetzliche Regelung wäre daher rechtssicherer und vorzugswürdig. Ob eine Gesetzesänderung tatsächlich kommt, ist aber momentan nicht sicher. Solange eine gesetzliche Fristverlängerung nicht besteht, ist die Lösung der BNetzA zumindest hilfreich und ein wichtiges Signal für die Akteure.
Netzbetreiber und Fristen
Im Hinblick auf die Pflichten aus dem EEG stellt die aktuelle Situation auch Netzbetreiber vor Herausforderungen. So müssen sie dem Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) bis zum 31.5. Endabrechnungen über die in 2019 ausgezahlten EEG-Förderungen und abgenommenen Strommengen vorlegen. In vielen Fällen dürfte es praktisch schwer umsetzbar sein, diese Frist einzuhalten, da Testierungen durch Wirtschaftsprüfer erfolgen müssen. Darüber hinaus sind bis Ende Mai wesentliche Daten zur Endabrechnung an die BNetzA zu melden. Schließlich müssen Netzbetreiber oder ggf. deren Lieferanten in diesem Jahr die Strommengen für Netzverluste melden, damit hierfür die gesetzlich vorgesehene EEG-Umlagenbefreiung greift. Auch hierfür ist die Frist der 31.5. Unterbleibt eine Meldung der Netzverluste, sieht das Gesetz eine Sanktion in Form einer 20-%-igen EEG-Umlagezahlung vor. Ob für die gesetzlich im EEG geregelten Fristen Verlängerungen möglich sind und tatsächlich erfolgen, ist bislang noch offen.
EEG-Umlage von Lieferanten und Eigenversorgern
Für Lieferanten, die die EEG-Umlage erheben, stellen sich ähnliche Fristenprobleme. Zunächst gilt die Frist zum 31.5., bis zu der die Endabrechnungen für die EEG-Umlage beim Übertragungsnetzbetreiber vorzulegen sind. Auch hier müssen Testierungen durch Wirtschaftsprüfer erfolgen, und eine Einhaltung der Frist ist deshalb in der gegenwärtigen Situation ggf. gefährdet. Dasselbe gilt für die Endabrechnungen der Eigenversorger, die eine Meldung zur EEG-Umlage an den ÜNB machen müssen. Allerdings bestehen auch hier keine klaren Regeln darüber, was gilt, wenn die Fristen nicht eingehalten werden können.
Weitere erhebliche Probleme von Lieferanten im Zusammenhang mit der EEG-Umlage können schließlich durch die am vergangenen Mittwoch vom Bundestag beschlossenen Änderungen im Zivilrecht im Rahmen des CoViD-19-Gesetzes (wir berichteten) entstehen. Das Gesetz sieht vor, dass Verbraucher unter bestimmten Umständen die Zahlungen auch für Stromlieferungen verweigern können. Damit fallen auch die im Strompreis enthaltenen Zahlungen für die EEG-Umlage weg. Gleichzeitig bleiben die Lieferanten wohl zur Zahlung der EEG-Umlage an den ÜNB im Grundsatz verpflichtet, soweit Strom an die Verbraucher geliefert wurde. Denn das neu eingeführte Recht zur Zahlungsverweigerung gilt gerade nicht für Stromlieferanten. Ob hier die gesetzlichen Ausnahmeregeln ausreichen, die die Zahlungsverweigerung durch Kunden bei Unzumutbarkeit für den Stromlieferanten ausschließen, erscheint zumindest fraglich. Eher zu hoffen ist, dass die ÜNB bei der Erhebung der EEG-Umlage hier Kulanz zeigen und die BNetzA als Behörde, die die Erhebung der EEG-Umlage überwacht, Sonderregeln zulässt.
Fazit
Aktuell zeigen sich die Behörden generell bereit, flexibel auf die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie zu reagieren. Allein das dürfte aber nicht genügen. Zum einen braucht es Regelungen durch den Gesetzgeber, um ausreichend Rechtssicherheit zu schaffen. Zum anderen sind bei der Abwicklung des zivilrechtlich organisierten EEG-Mechanismus auch Maßnahmen der Akteure im Ausgleichsmechanismus nötig, insbesondere der ÜNB. Es bleibt zu hoffen, dass hier schnell für alle Beteiligten pragmatische Lösungen gefunden werden.
Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Wieland Lehnert