Anlagenbegriff stellt KWK-Förderung zur Disposition

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„100-Tage-Gesetz“: Mit diesem griffigen Kurztitel wollte man die besondere Eilbedürftigkeit des „Entwurfes eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes und weiterer Bestimmungen des Energierechts“ verdeutlichen. Verschiedene grundlegende Weichenstellungen für die Energiewirtschaft sind darin vorgesehen. So eilig war es dem Gesetzgeber dann offenbar aber doch nicht, dass sich Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Bundesumweltministerium (BMU) hinsichtlich der Details rasch einig geworden wären. Konkret geht ihre Meinungsverschiedenheit um die Frage, ob die Regelung zu Sonderausschreibungen für Photovoltaik und Windkraft an Land berücksichtigt werden sollen oder nicht. Während das BMWi das Thema gerne zurückstellen würde, pocht das BMU auf die im Koalitionsvertrag (wir berichteten) versprochenen 4 GW Sonderausschreibung. Allerdings gibt es nun auch von anderer Stelle Kritik an dem „100-Tage-Gesetz“, und zwar zu den Regelungen zur Kraft-Wärme-Kopplung.

In einer Kleinen Anfrage (BT-Drs. 19/2287) an die Bundesregierung erinnert die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen die Koalition an die Ausbauziele der Kraft-Wärme-Kopplung im Rahmen der Klimaschutzziele. Die Förderanträge von Anlagenbetreibern würden zum Teil seit anderthalb Jahren nicht beschieden, obwohl sie dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorlägen. Unter anderem verlangen die Grünen Auskunft, weshalb die Bescheidung bisher nicht erfolgt ist und wann mit dieser zu rechnen sei. Wissen möchte man aber auch, welche Rolle der Anlagenbegriff im Antragsprozedere spielt.

In der Praxis des BAFA hat sich ein funktionaler Anlagenbegriff im Rahmen der Kraft-Wärme-Kopplung etabliert. Das BMWi möchte diesen nun offenbar durch einen sogenannten weiten Anlagenbegriff ablösen und hat ein entsprechendes Konsultationsverfahren gestartet. Ein entsprechendes Eckpunktepapier wurde heute im BMWi diskutiert. Ein weiter Anlagenbegriff würde die bisherige Verwaltungspraxis zur Einordnung von sogenannten Dampfsammelschienenanlagen zur Disposition stellen. Als Folge würde eine Vielzahl von Neuerrichtungs- und Modernisierungsprojekten bei Dampfsammelschienenanlagen möglicherweise von der Förderung ausgeschlossen.

Obwohl sich demnach zahlreiche Vorbescheidsanträge in der Schwebe befinden, sucht man im Entwurf des „100-Tage-Gesetzes“ vergeblich nach einer rechtlichen Klarstellung. „Aus welchen Gründen erfolgen die Vorstöße des BMWi zur Änderung des Anlagenbegriffs (bislang) außerhalb des 100-Tages-Gesetzes?“, heißt es deshalb in der Anfrage der Grünen.

Offenbar haben sich die Ministerien nun aber noch ein wenig Zeit gegeben, über Detailfragen des „100-Tage-Gesetzes“ nachzudenken – der Kabinettstermin am 9.5.2018 konnte nicht gehalten werden, der weitere Terminplan ist aktuell unklar. Die Eilbedürftigkeit ist dennoch nach wie vor gegeben. Schließlich steht auch dies bereits im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode: Hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind ein zentraler Baustein in der Energiewende und in der klimafreundlichen Strom- und Wärmeversorgung.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Ulf Jacobshagen/Dr. Markus Kachel/Dr. Tigran Heymann

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