Keine Lust mehr auf Kohle – Erste Kohleausschreibung beendet

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Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat gestern die Zuschläge der ersten Kohleausschreibung nach dem neuen Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) veröffentlicht. Die Gebote sind teilweise deutlich unter dem Höchstpreis von 165.000 Euro/MW geblieben, der für die erste Ausschreibung vorgesehen war. Zwar beträgt das höchste bezuschlagte Gebot immerhin 150.000 Euro/MW. Dafür liegt das niedrigste bei lediglich 6.047 Euro/MW. Nach Mengen gewichtet beträgt der durchschnittliche Zuschlagswert 66.259 Euro/MW.

Die Ausschreibung war nach Aussage der BNetzA „deutlich“ überzeichnet. Das Ausschreibungsvolumen umfasste 4 GW elektrische Leistung. Insgesamt wurden sogar knapp 4,8 GW bezuschlagt. Nicht nur große Kohlekraftwerke wie Moorburg, sondern auch kleinere Kraftwerke haben einen Zuschlag erhalten. Erleichtert dürfte auch das Finanzministerium sein. Theoretisch wären Entschädigungen von 660 Mio. Euro möglich gewesen. Tatsächlich sind 317 Mio. Euro zu zahlen. Das kann man als Erfolg der ersten Ausschreibung werten. Laut FAZ entfielen allein auf die beiden bezuschlagten Kohlekraftwerke von RWE – Kraftwerke Westfalen und Ibbenbüren – 216 Mio. Euro Entschädigung.

Anlagenbetreiber mit Zuschlag dürfen voraussichtlich ab dem 1.1.2021 keinen „Kohlestrom“ mehr veräußern (Vermarktungsverbot) und voraussichtlich ab dem 1.6.2021 überhaupt keine Kohle mehr in ihren Kohlekesseln verfeuern (Verbot der Kohleverfeuerung).

Nach dem KVBG soll für große Braunkohlekraftwerke die Kohleverstromung auf Grundlage individuell vereinbarter öffentlich-rechtlicher Verträge mit festen Entschädigungen enden. Für Steinkohle- und kleine Braunkohlekraftwerke sieht das Gesetz dagegen unterschiedliche Beendigungsmöglichkeiten vor. Neben freiwilligen Instrumenten wie der Ausschreibung werden ab Mitte der 2020er-Jahre auch verpflichtende, entschädigungslose Instrumente zur Beendigung der Kohleverfeuerung hinzutreten (wir berichteten).

Beihilfenrechtliche Genehmigung

Rechtzeitig vor Ende der ersten Ausschreibungsrunde hat die EU-Kommission das Ausschreibungsregime für Steinkohle- und „kleinere“ Braunkohlekraftwerke vergangene Woche fast vollständig beihilfenrechtlich genehmigt. Lediglich die letzte Ausschreibung für das Zieljahr 2027 soll gestrichen werden, um den Wettbewerb in den nunmehr sechs verbleibenden Ausschreibungsrunden zu erhöhen.

Die festen Entschädigungen für die großen Braunkohlekraftwerke – insgesamt 4,35 Mrd. Euro – wurden von der EU-Kommission noch nicht genehmigt. Hier läuft das Genehmigungsverfahren weiter. Auch das novellierte Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) (einschließlich Kohleersatzbonus für die Stilllegung von Kohlekraftwerken) wurde noch nicht beihilfenrechtlich genehmigt.

Nächste Kohleausschreibung am 4.1.2021

Die erste Ausschreibung ist beendet, aber der nächste Gebotstermin steht bereits am 4.1.2021 an. Die Zuschlagswerte der ersten Runde sind ein wichtiger – vielleicht sogar der wichtigste – Fingerzeig für die künftigen Ausschreibungen. Ab der kommenden Ausschreibung dürfen auch die süddeutschen Kohlekraftwerke – mehr oder weniger südlich der Mainlinie – an der Ausschreibung teilnehmen.

Falls ein Betreiber an einer der nächsten Ausschreibungen teilnehmen will, muss er viele, teils fristgebunde Voraussetzungen erfüllen. So können zum Beispiel nur Kraftwerke an einer Ausschreibung teilnehmen, die in den Jahren 2017 bis einschließlich 2019 durchschnittlich mindestens 51 Prozent Kohle zur Stromerzeugung eingesetzt haben (Hauptenergieträger). Rechtzeitig herausgebildete (virtuelle) Dampfsammelschienenblöcke einer Anlage können an einer Ausschreibung teilnehmen, selbst wenn in der Gesamtanlage hauptsächlich Erdgas oder Abfall zur Stromerzeugung eingesetzt wurde. Dies bietet sich entsprechend bei Müllheizkraftwerken und GuD-Anlagen an. Aber auch bei besonders großen, reinen Kohlekraftwerken erweitert die Blockbildung möglicherweise die Handlungsoptionen mit Blick auf das Ende der Kohleverfeuerung. Die Blockbildung muss bis Ende Januar 2021 abgeschlossen sein. Es bleibt also nicht mehr viel Zeit.

Vorsicht Bußgeld!

Am 1.1.2021 veröffentlicht die BNetzA zum zweiten Mal nach dem 30.9.2020 eine ungereihte Kraftwerksliste. Innerhalb eines Monats müssen alle Betreiber von Kohlekraftwerken die Angaben in der veröffentlichten Liste überprüfen, gegebenenfalls korrigieren oder ergänzen. Eingeschlossen sind auch Kraftwerke mit weniger als 51 Prozent Kohleanteil 2017 bis 2019. Ausgenommen sind die großen Braunkohlekraftwerke, die in Anlage 2 des KVBG genannt sind. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Zudem kann nur noch innerhalb dieses Monats gegenüber der BNetzA ein Dampfsammelschienenblock wirksam gebildet werden.

Am 1.7.2021 gibt die BNetzA auf Grundlage der Meldungen der Kraftwerksbetreiber die gereihte Kraftwerksliste bekannt. Auf deren Grundlage wird dann ab Mitte der 2020er Jahre das entschädigungslose Verbot der Kohleverfeuerung angeordnet sowie das Ausschreibungsvolumen für die drei Ausschreibungen der Zieljahre 2024, 2025 und 2026 bestimmt.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Dr. Markus Kachel/Dr. Sascha Michaels

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