LG Heidelberg: Neues zur EEG-Umlage, und wie man eine EEG-umlagefreie Eigenerzeugung von einer EEG-umlagepflichtigen Stromlieferung abgrenzt

(c) BBH
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Für Strom, den die Erzeuger selbst verbrauchen, müssen sie keine oder lediglich eine reduzierte EEG-Umlage abführen. Wie weit dieses Privileg reichen soll, ist seit langem heiß umstritten – so auch jetzt: Die Branche ist verunsichert, welche Mitteilungs- und Meldepflichten Eigenversorger zu erfüllen haben. Und zeitgleich hierzu ist ein Streit um den Inhalt des zukünftigen Leitfadens der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Eigenversorgung entbrannt. Vor lauter politischem Getöse könnte man leicht übersehen, was sich in der Rechtsprechung tut. So ist weitgehend unbemerkt am Ende des vergangenen Jahres ein Urteil zu der heftig diskutierten Frage ergangen, wie man die EEG-umlagepflichtige Stromlieferung und die EEG-umlagefreie Eigenversorgung voneinander abgrenzt.

Das Landgericht (LG) Heidelberg hat am 28.12.2015 (Az. 11 O 15/15 KfH) einem Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Recht gegeben, der von der Eigentümerin einer Photovoltaikanlage Auskunft über im Jahr 2013 an Letztverbraucher gelieferte Strommengen verlangte. Der ÜNB hatte diese im Verdacht, Strom an die Mieterin der Gewerbehalle geliefert zu haben, auf der sich die PV-Anlage befand. Diese hatte mit der Beklagten einen „Teil-Solarstromanlagen-Mietvertrag“ abgeschlossen, wonach die Mieterin einen „ideellen Teil der PV-Anlage“ von 16 Prozent mitnutzen durfte und dafür der Beklagten einen festen Geldbetrag zahlte. Die Instandhaltung und Wartung der PV-Anlage hatte nach dem Vertrag die Beklagte auf ihre Kosten zu leisten. Die mietrechtliche Gewährleistung war nicht ausgeschlossen, so dass die Beklagte auch insoweit für Beeinträchtigungen der Gebrauchsmöglichkeiten der PV-Anlage durch die Mieterin einzustehen hatte.

Wie hat das LG Heidelberg entschieden?

Das LG Heidelberg gab der Klage statt und sah das Vertragskonstrukt nicht als Eigenversorgung (zu einem „ideellen“ Anteil von 16 Prozent durch die Mieterin), sondern als Stromlieferung von der Beklagten an die Mieterin an.

Bemerkenswert ist neben der bereits kuriosen Bezeichnung des Vertrages als „Teil-Solarstromanlagen-Mietvertrag“ vor allem, dass sich das LG Heidelberg – soweit ersichtlich als erstes Gericht überhaupt – inhaltlich mit der Frage auseinandersetzt, wem bei einer von mehreren Personen genutzten Stromerzeugungsanlage konkret die Erzeugereigenschaft im Sinne des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zuzurechnen ist. Das LG Berlin, das im März 2014 einen Eigenversorgungssachverhalt zu beurteilen hatte, war insoweit über oberflächliche Feststellungen nicht hinausgekommen.

Das LG Heidelberg stellt zunächst im Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der juristischen Literatur fest, dass es (auch) im Anwendungsbereich des EEG (konkret: des EEG 2012) bei der Ermittlung der Person des Anlagenbetreibers darauf ankommt, wer die wirtschaftlichen Risiken des Anlagenbetriebs trägt. Wem die Erzeugungsanlage gehört, ist nach Auffassung des Gerichts nicht ausschlaggebend. Das LG stellt fest, dass insbesondere das Absatz- und das Ausfallrisiko der Anlage maßgeblich sind – sowie die Möglichkeit, die Arbeitsweise der Anlage zu bestimmen. Insoweit sei eine wertende Gesamtbetrachtung erforderlich. Da Brennstoff(preis)risiken bei PV-Anlagen naturgemäß keine Rolle spielen, beantwortet das Gericht die Frage, ob die Beklagte oder ihre Mieterin die „Chancen und Risiken“ des Anlagenbetriebs trägt, anhand der Haftungs- und Ausfallrisiken und die damit verbundenen Kostenrisiken. Diese waren nach dem zu Grunde liegenden Vertrag nahezu vollständig bei der Beklagten verblieben.

Bewertung und Folgen für die Praxis

Die Entscheidung soll hier nicht abschließend bewertet werden. Das LG Heidelberg hat aber Recht, wenn es die EEG-umlagefreien Eigenerzeugung von der EEG-umlagepflichtigen Stromlieferung mittels der Zuordnung der wesentlichen wirtschaftlichen Erzeugungsrisiken abgrenzt, wie dies bereits bislang von der herrschenden Meinung in der Literatur gefordert wird. Wer für die Erzeugung einer bestimmten Strommenge das jeweilige wirtschaftliche Erzeugungsrisiko trägt, ist sachgerecht als Erzeuger dieser Strommenge anzusehen. Soweit diese Person den Strom auch selbst verbraucht, ist sie als EEG-umlagefreier Eigenerzeuger bezüglich dieser Strommenge einzustufen. Weder das zivilrechtliche Eigentum noch die tatsächliche Sachherrschaft – die nach Auffassung des LG Heidelberg im konkreten Fall gar nicht bei der Beklagten, sondern bei der Mieterin lag – sind insofern entscheidend.

In diesem Zusammenhang: Nach (rechtlich zweifelhafter) Auffassung der BNetzA sind auch die Betreiber von Bestandsanlagen im Sinne von § 61 Abs. 3 und Abs. 4 EEG 2014 verpflichtet, bis zum 28.2. (bzw., da dies ein Sonntag ist, bis zum Ablauf des 29.2.) sog. Basisangaben an die Behörde sowie an den zuständigen Netzbetreiber/ÜNB zu melden. Der Behörde hat mit dieser Anforderung viel Aufregung verursacht, sodass in Bezug auf diese Meldepflichten über den 29.02. hinaus viele Fragen offen bleiben werden.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Dr. Markus Kachel

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