Der Blick in die Tiefe – Gericht bestätigt die Verfassungsmäßigkeit des Geologiedatengesetzes

Wer Bodenschätze fördern will, muss sie erst einmal finden. Die Suche nach Bodenschätzen kann aufwendig sein. Wenn es etwa darum geht, Erdwärme in größeren Tiefen zu nutzen, sind sogenannte 2D- oder 3D-Seismiken und Probebohrungen erforderlich. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Jahr 2020 das Geologiedatengesetz erlassen. Über die darin festgelegte Offenlage von Daten hat nun das Verwaltungsgericht Mainz verhandelt.

GeolDG bestimmt Offenlage von Daten

Das Geologiedatengesetz legt u.a. fest, dass bestimmte Daten offengelegt werden müssen, wenn sie für die Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen, für weitere Nutzungen des Untergrunds oder auch für das Standortauswahlverfahren zur Entscheidung über den Standort eines Endlagers für atomare Abfälle benötigt werden. Die Offenlage hat zur Folge, dass diejenigen Unternehmen die Daten, die sie zuvor im Rahmen eigener Aufsuchungstätigkeiten (häufig auf der Suche nach Erdgas oder Erdöl) gewonnen hatten, nicht länger gegen Entgelt veräußern können. Deshalb war schon im Gesetzgebungsverfahren zum Geologiedatengesetz behauptet worden, die Verpflichtung zur Offenlage der Daten sei verfassungswidrig, weil sie gegen Grundrechte (u.a. Eigentumsrecht, Recht auf freie Berufsausübung) verstoße.

Das Verwaltungsgericht Mainz hat sich nun, soweit ersichtlich, als erstes Gericht mit dieser Frage befasst und entschieden, dass die Vorgaben zur Offenlage keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Denn im vorausgegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hatte das Gericht noch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen insbesondere in Bezug auf sog. Altlasten geäußert, also in Bezug auf Daten, die vor dem Inkrafttreten des Geologiedatengesetzes erhoben wurden und den Bergämtern übermittelt werden mussten.

„Handel mit Daten“ wird erschwert

In einem umfassenden und überzeugend begründeten Urteil zeigt das Verwaltungsgericht auf, warum die Regelungen zur Offenlage weder gegen nationale noch gegen europäische Vorgaben verstoßen. Es widmet sich dabei im Schwerpunkt der Vereinbarkeit mit dem Recht auf freie Berufsausübung und dem Eigentumsrecht. Im Ausgangspunkt konzediert das Gericht, dass die öffentliche Bereitstellung der Daten deren Werthaltigkeit stark reduziere. Ein „Handel mit den Daten“ werde damit zumindest erschwert. Auf der anderen Seite stellt es klar, dass gewichtige Gründe des Gemeinwohls die Offenlegung rechtfertigten. Der Gesetzgeber habe den Zugang zu Daten als wichtige Voraussetzung für die nachhaltige Rohstoffversorgung und die weitere Nutzung des Untergrunds bewertet. Dies erfordere auch die Offenlegung der Altdaten. Zu bedenken sei auch, dass die Daten nur gewonnen werden konnten, weil den Unternehmen zuvor eine Erlaubnis zur Aufsuchung erteilt worden war. Die Vermarktung der Daten sei daher allenfalls „Nebenprodukt“ des eigentlichen Zwecks, nämlich der Aufsuchung und Gewinnung von Bodenschätzen. Ein Schutz vor der Offenlage über die zehn Jahre sei ausreichend; eines zeitlich unbeschränkten Schutzes bedürfe es nicht.

Bemerkenswert ist auch, dass das Verwaltungsgericht das Interesse an der Energiewende, der „angesichts des Klimawandels eine ganz herausgehobene Bedeutung“ zukomme, ausdrücklich als „überragend“ wichtiges Ziel einordnet und damit eine Wertung des Gesetzgebers u.a. aus dem EEG (§ vgl. § 2 Satz 1 EEG 2023) aufgreift. Für den Ausbau der Geothermie könne es eine „enorme Beschleunigung bewirken, wenn Daten nicht erst […] (neu) erhoben werden müssten, sondern der beachtliche Bestand an ,Altdaten‘, der bei den Behörden bereits vorhanden ist, zur Erreichung dieser Zwecke nutzbar gemacht werden kann.“

Das Geologiedatengesetz selbst statuiert, dass die öffentliche Bereitstellung von Daten auch für die Suche und Auswahl eines Endlagerstandortes für nukleare Abfälle erforderlich sein kann und dass auch in diesen Fällen ein überwiegendes öffentliches Interesse an der öffentlichen Bereitstellung der Daten besteht. Diesen Aspekt, also die Transparenz bei der Suche eines geeigneten Endlagerstandorts, berücksichtigt das Gericht ebenfalls, allerdings weniger stark als die Interessen am Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es ist nun abzuwarten, ob sich auch andere Gerichte der Sichtweise des Verwaltungsgerichts Mainz anschließen.

Ansprechpartner*innen: Andreas Große/Prof. Dr. Dörte Fouquet/Joshua Hansen

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