Ertragsteuerliche Maßnahmen des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets

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Der Koalitionsausschuss hat sich am 3.6.2020 auf Eckpunkte eines Konjunkturpakets mit einem Gesamtvolumen von 130 Mrd. Euro geeinigt, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie entschlossen angeht. Am 12.6.2020 beschloss die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes (wir berichteten), um dieses Konjunkturpaket umzusetzen. Dieses Gesetz regelt bereits einen Großteil der geplanten Maßnahmen. Am 19.6.2020 wurde das Gesetz im Bundestag beschlossen und der Bundesrat soll ihm am 29.6.2020 in einer Sondersitzung zustimmen. Hinsichtlich der weiteren im Konjunkturpaket geplanten Maßnahmen sind weitere Gesetze zu erwarten.

Wir haben im Folgenden die geplanten Maßnahmen aus dem Bereich Ertragsteuern zusammengestellt. Das steuerliche Herzstück des Konjunkturpakets – die Senkung des Umsatzsteuersatzes – ist dagegen Gegenstand eines gesonderten Beitrags (wir berichteten).

Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten

Als steuerlicher Investitionsanreiz wird die in der Vergangenheit bereits eingesetzte degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) vorübergehend für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 eingeführt. Danach können bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25 Prozent pro Jahr abgeschrieben werden. Dafür wird gemäß Regierungsentwurf vom 12.6.2020 § 7 Abs. 2 EStG neu gefasst.

Beispiel: Wird ein abnutzbares Wirtschaftsgut des Anlagevermögens mit einer Nutzungsdauer von 5 Jahren im Juli 2020 für 10.000 Euro angeschafft, können in 2020 anteilig für 6 Monate 1.250 Euro (10.000/5 ND 2,5 = 4.500; maximal 2.500; zeitanteilig 6 Monate) und in 2021 2.187,50 Euro abgeschrieben werden.

Steuerlicher Verlustrücktrag

Die Möglichkeit des Verlustabzugs ist für Unternehmen grundsätzlich eine wichtige Maßnahme. Der steuerliche Verlustrücktrag soll für 2020 und 2021 auf 5 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung auf 10 Mio. Euro) erhöht werden und so eine bessere Verrechnung mit früheren Gewinnen ermöglichen. Verglichen mit dem bisherigen Verlustrücktrag von maximal 1 Mio. Euro bedeutet dies eine erhebliche Erweiterung und damit Erleichterung insbesondere für Unternehmen.

In diesem Zusammenhang ist geplant, dass die Erweiterung des Rücktrags bereits in der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2019 wirken soll, wenn Verluste in 2020 erwartet werden.

Für die Umsetzung sind „Sondervorschriften zur Bewältigung der Corona-Pandemie“ am Ende des Einkommensteuergesetzes (§§ 110 und 111 EStG) vorgesehen. Danach kann auf Antrag bei der Steuerfestsetzung für den Veranlagungszeitraum 2019 pauschal ein Betrag in Höhe von 30 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte des Veranlagungszeitraums 2019 als Verlustrücktrag aus 2020 abgezogen werden (vorläufiger Verlustrücktrag für 2020). Es kann abweichend auch ein höherer Betrag abgezogen werden, sofern dieser nachgewiesen wird. Voraussetzung ist, dass die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden.

Option zur Besteuerung als Kapitalgesellschaft

Die größte Veränderung verspricht das vom Koalitionsausschuss entwickelte Optionsmodell für Personengesellschaften. Mit diesem Modell können Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer optieren und sich damit wie eine GmbH besteuern lassen. Danach werden die Gewinne der Personengesellschaft wie bei der Kapitalgesellschaft mit der Körperschaftsteuer von derzeit 15 Prozent und Entnahmen als Ausschüttungen mit der Abgeltungsteuer besteuert.

Wie ein solches Optionsmodell vom Gesetzgeber genau ausgestaltet werden wird, ist derzeit offen. Der Entwurf des sog. Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes enthält hierzu noch keine Regelungen.

Voraussichtlich werden nur Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschafter Gebrauch von der Optionsmöglichkeit machen. Denn bei Kapitalgesellschaften als Gesellschafter von Personengesellschaften werden Gewinne aus der Personengesellschaft bereits ohne Optionsmodell mit dem Körperschaftsteuersatz von 15 Prozent besteuert. Eine Option wäre deshalb eher nachteilig, da bei Ausschüttung zusätzlich eine 5-prozentige Steuerbelastung anfiele. Im Falle von Verlusten wäre die Besteuerung als Kapitalgesellschaft ebenfalls nachteilig, da eine Verlustverrechnung auf Ebene des Gesellschafters wohl nicht mehr möglich wäre.

Verbesserte Entlastung von der Gewerbesteuer

Gemäß Art. 1 Ziff. 6 des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 12.6.2020 in Bezug auf die Steuerermäßigung bei gewerblichen Einkünften soll der Ermäßigungsfaktor von derzeit 3,8 auf das 4-Fache des Gewerbesteuer-Messbetrages angehoben werden. Bei dieser Maßnahme geht es um die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer. Der relevante Faktor (bisher 3,8) soll die durchschnittliche Gewerbesteuerbelastung widerspiegeln, was allerdings bei einem Faktor von 3,8 nur bis zu einem Hebesatz von ca. 400 Prozent der Fall ist. Mit dem Faktor 4,0 gelingt dies immerhin bis zu einem Hebesatz von ca. 420 Prozent. Diese Anpassung war längst überfällig, da die Hebesätze bei der Gewerbesteuer in den letzten Jahren gestiegen sind (im Durchschnitt 450 Prozent), und kann daher nicht als steuerliche Vergünstigung im Rahmen eines Konjunkturprogrammes gesehen werden.

Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer

Um kurzfristige Liquidität zur Entlastung zu schaffen, wird die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer um zehn Tage nach hinten verschoben – vom 16. des Folgemonats auf den 26. des Folgemonats. Die Einfuhrumsatzsteuer fällt bei der Einfuhr von Waren an, die aus Drittländern importiert werden.

Sonstige Themen

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 12.6.2020 sieht weiterhin in Art. 1 Ziffer 8b eine Änderung des § 52 Abs. 14 EStG dahingehend vor, dass die Reinvestitionsfristen des § 6b EStG vorübergehend um ein Jahr verlängert werden. Dies soll für Rücklagen gelten, die in nach dem 28.2.2020 und vor dem zum 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahren aufzulösen wären.

Bei in nach dem 31.12.2016 und vor dem 1.1.2018 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG soll die Investitionsfrist abweichend von § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG erst zum Ende des vierten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres enden, § 52 Abs. 16 EStG (Entwurf). Dies bedeutet eine Verlängerung der Frist um ebenfalls ein Jahr.

Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Sophia von Hake

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