Gewinnabschöpfung von Erneuerbare-Energien-Anlagen: Das neue Strompreisbremsengesetz
Schon Anfang Oktober hatte die EU beschlossen, dass Mitgliedstaaten Überschusserlöse von Anlagenbetreibern aufgrund der hohen Strompreise abschöpfen müssen. Dabei war u.a. zwingend vorgegeben, dass Erlöse über 180 Euro/MWh und für Vermarktungen im Zeitraum vom 1.12.2022 bis 30.6.2023 abgeschöpft werden. Die detaillierte Ausgestaltung und ggf. auch die Umsetzung schärferer Vorgaben blieb jedoch den Mitgliedstaaten vorbehalten. Am 25.11.2022 hat das Bundeskabinett nun einen entsprechenden, immerhin 157 Seiten starken Gesetzentwurf beschlossen.
Was steht im Gesetzentwurf?
Nach dem Gesetzentwurf umfasst die Abschöpfung zum einen grundsätzlich alle Erneuerbare-Energien-Anlagen. Es gibt allerdings zwei wichtige Ausnahmen: Zum einen sind Biomethananlagen nicht erfasst, zum anderen gilt die Abschöpfung nicht für Anlagen bis zu einer Leistung von 1 MW, und zwar unabhängig vom eingesetzten Energieträger. Nicht erfasst ist darüber hinaus Strom, der nicht in ein Netz (der allgemeinen Versorgung und geschlossenes Verteilernetz) eingespeist wird. Nicht erfasst ist auch die Eigenerzeugung bzw. Eigenversorgung von Strom, bei der – auch wenn der Strom durch ein Netz durchgeleitet werden sollte – mangels Veräußerung keine (Überschuss-)Erlöse entstehen. Zum anderen ist die Stromerzeugung aus leichtem Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Steinkohle, Gichtgas, Hochofengas, Kokereigas und bestimmten Sondergasen ausgenommen. Das heißt anders gewendet: Neben Erneuerbare-Energien-Anlagen werden lediglich die Überschusserlöse aus der Stromerzeugung in Kernkraftwerken, Braunkohlekraftwerken und Abfallverbrennungsanlagen erfasst.
Für alle erfassten Strommengen gilt grundsätzlich, dass 90 Prozent der Überschusserlöse abgeschöpft werden sollen. Die Überschusserlöse errechnen sich dabei bei Erneuerbare-Energien-Anlagen grundsätzlich als Differenz zwischen dem Marktpreis und der EEG-Förderung (anzulegender Wert) zzgl. eines bestimmten Sicherheitszuschlags. Der Marktpreis wird dabei als Monatsmarktwert nach dem EEG definiert. Davon wird der anzulegende Wert (aW) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 3 ct/kWh bzw. von 7,5 ct/kWh für Biogasanlagen sowie eines Betrags von 6 Prozent des Mittelwerts des jeweiligen energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes abgezogen. Für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die keinen Anspruch auf eine EEG-Förderung (Marktprämie) haben, wird stattdessen ein Betrag von 10 ct/kWh zzgl. 3 ct/kWh angesetzt und bei ausgeförderten Anlagen ein Betrag von lediglich 10 ct/kWh.
Alternativ und auf Wunsch des Anlagenbetreibers kann die Abschöpfung auch auf Basis von sog. „Absicherungsgeschäften“ (Terminmarktgeschäften) erfolgen. Hier wird als Benchmark nicht der anzulegende Wert (zuzüglich Zuschlag) angesetzt, sondern grundsätzlich der Terminmarktpreis. Bei Voraussetzungen und Abwicklung wird unterschieden zwischen Geschäften bis zum 31.10.2022 einerseits und ab dem 1.11.2022 andererseits. Als weitere Alternative kann der Anlagenbetreiber die Abschöpfung auf Basis von anlagenspezifischen Power Purchase Agreements (PPA) wählen. Hier wird der PPA-Preis als Benchmark für die Abschöpfung angesetzt. Dies wiederum ist aber nur möglich, wenn die Vermarktung vor dem 1.11.2022 erfolgt ist oder wenn ab dem 1.11.2022 in Betrieb gegangene Neuanlagen vermarktet werden; in diesen Fällen verringert sich der Sicherheitszuschlag auf 1 ct/kWh. Die Vermarktung muss außerdem gegenüber einem Dritten erfolgen.
Wie wird die Gewinnabschöpfung abgewickelt?
Und wie sollen die Zahlungen abgewickelt werden? Und vor allem, welche Rolle spielen die Netzbetreiber dabei? Schon zu Beginn der Diskussionen zur Gewinnabschöpfung war davon die Rede, dass ein umgekehrter EEG-Mechanismus gewählt werden soll, ähnlich wie das bei der Erhebung der EEG-Umlage für die Eigenversorgung bereits praktiziert wurde. Die Abwicklung unterscheidet sich jedoch in einigen Punkten. Generell sollen nämlich nicht die Netzbetreiber die Beträge erheben, sondern die Anlagenbetreiber sollen die abzuschöpfenden Erlöse im Wege der Selbstveranlagung feststellen. Netzbetreiber sollen die Beträge lediglich in der Rolle einer „Zahlstelle“ entgegennehmen und an die Übertragungsnetzbetreiber weiterreichen. Eine eigenständige Pflicht zur Erhebung der Beträge der Netzbetreiber besteht nicht. Allerdings müssen alle Beteiligten (Anlagenbetreiber, Netzbetreiber, Übertragungsnetzbetreiber) eine Reihe von Mitteilungspflichten erfüllen. Die BNetzA soll den Mechanismus insgesamt überwachen. Verstöße werden sanktioniert.
Wie geht es weiter?
Der Gesetzentwurf wird nun in den Bundestag eingebracht werden. Dort soll er im Schnelldurchlauf diskutiert und dann schon am 15.12.2022 endgültig beschlossen werden. Dabei kann es noch Änderungen im Vergleich zum aktuellen Entwurf geben. Angesichts der unterschiedlichen Interessen erscheinen dabei zumindest gewisse Anpassungen nicht unwahrscheinlich. Nach der Verabschiedung in Bundestag und Bundesrat wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und soll dann am Folgetag in Kraft treten. Unabhängig vom Inkrafttreten soll die Abschöpfung nun ab dem 1.12.2022 gelten.
Ansprechpartner*innen: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Andreas Große/Dr. Wieland Lehnert
PS: Wenn Sie das Thema interessiert, dann schauen Sie gern bei unserem Webinar Erlösabschöpfung nach dem Strompreisbremsengesetz (SPB-GESETZ 2022) vorbei.