Höhere Kosten für Gasversorger: NCG erhebt erstmals Konvertierungsumlage auf alle Gasqualitäten
Am 1.4.2016 beginnt ein neuer Geltungszeitraum für die Umlagen und Entgelte der Marktgebietsverantwortlichen im Gasbereich. Pünktlich sechs Wochen zuvor haben Beide – NetConnect Germany (NCG) und Gaspool – verkündet, wie hoch diese ausfallen werden. Anders als bisher sorgt diesmal nicht die Höhe der Bilanzierungsumlagen für Überraschungen, sondern vor allem das Konvertierungsentgelt. Zudem führt NCG erstmalig eine qualitätsübergreifende Konvertierungsumlage in seinem Marktgebiet ein.
Neue Umlagen und Entgelte
Gaspool veröffentlichte bereits eine Woche vor Fristende die entsprechenden Preise. Demnach wird die SLP-Bilanzierungsumlage auf Null gesenkt, eine RLM-Bilanzierungsumlage wird, wie schon in der letzten Umlageperiode, nicht erhoben. Das Konvertierungsentgelt bleibt im Übrigen auf dem zulässigen Höchststand von 0,441 Euro/MWh; eine Konvertierungsumlage wird nicht erhoben.
NCG hingegen erhöht das Konvertierungsentgelt über den derzeitigen Stand auf 0,453 Euro/MWh und führt – erstmals seit Bestehen der Festlegung „Konni Gas“ (Beschluss Konni Gas v. 27.3.2012, Az. BK7-11-002) – eine Konvertierungsumlage in Höhe von 0,15 Euro/MWh ein. Das Entgelt liegt dann genau auf der Obergrenze des Abschmelzungsfahrplans gemäß Festlegung der Bundesnetzagentur (BNetzA). NCG erhebt zudem erstmals eine RLM-Bilanzierungsumlage in Höhe von 0,40 Euro/MWh und eine SLP-Bilanzierungsumlage in Höhe von 0,80 Euro/MWh.
NCG behält sich vor, darüber hinaus das Konvertierungsentgelt für die Konvertierungsrichtung H-Gas nach L-Gas kurzfristig auf bis zu 1,811 Euro/MWh zu erhöhen und beruft sich insoweit auf eine einstweilige Anordnung der BNetzA. Diese hatte am 19.2.2016 den Marktgebietsverantwortlichen unter anderem das Recht eingeräumt, in Ausnahmefällen kurzfristig die Kosten für die Konvertierung auf den Stand zum Zeitpunkt des Erlasses der Festlegung Konni Gas anzuheben, mithin den festgelegten Abschmelzfahrplan vollständig rückabzuwickeln.
Wie wirken sich diese Veränderungen auf die Beschaffungskosten der Gasversorger aus? Und inwieweit können sie die Kosten gegebenenfalls auf die Letztverbraucher abwälzen?
Konvertierungsentgelt
Das Konvertierungsentgelt fällt für einen bilanzkreisverantwortlichen Lieferanten im Rahmen der Konvertierung von Gasmengen (H-Gas zu L-Gas oder L-Gas zu H-Gas) an und wird in beiden qualitätsübergreifenden Marktgebieten erhoben. Die Einführung des Konvertierungsentgelts wurde von der BNetzA, ursprünglich einschließlich eines Fahrplans zur vollständigen Abschmelzung bis zum 1.10.2016, festgelegt (Beschluss Konni Gas).
Wie bislang auch, wird das Konvertierungsentgelt auf qualitätsübergreifend bilanzierte Gasmengen erhoben. Die Änderungen (also die weitere Absenkung) werden jeweils zum 1.4. und 1.10. eines Jahres wirksam. Tatsächlich wäre NCG jedoch nunmehr nicht gehindert, das Entgelt künftig sogar innerhalb des Geltungszeitraums zu erhöhen! Dies wäre allerdings an strenge Voraussetzungen gebunden, nämlich das Eintreten „unvorhersehbarer Umstände“. Welche Formalien letztlich im Rahmen einer solchen Änderung zu berücksichtigen sind, ist bislang jedoch unklar.
In der Beschaffung wirkt sich das Konvertierungsentgelt regelmäßig nur direkt aus, wenn der Gasversorger einen eigenen Bilanzkreis führt und Gasmengen konvertiert werden. Dementsprechend dürfte das Konvertierungsentgelt im Endkundenvertrieb wiederum nur dann eine Rolle spielen, wenn der Versorger selbst mit dem Entgelt belastet ist und diese Kosten entsprechend einem Kunden zuordnen kann. Eine Weitergabe wäre daher zunächst vertraglich abzubilden.
Konvertierungsumlage
Daneben ist in der Festlegung Konni Gas zusätzlich eine Konvertierungsumlage vorgesehen, soweit Aufwendungen für die Konvertierung nicht dauerhaft durch das Konvertierungsentgelt ausgeglichen werden können. Die Umlage wird auf alle in einen Bilanzkreis physisch eingebrachten Einspeisemengen erhoben, ob die Möglichkeit der qualitätsübergreifenden Bilanzierung tatsächlich genutzt wird („qualitätsübergreifender Handel“) oder nicht. Wichtig ist also, dass diese Umlage immer auf Gasmengen beider Gasqualitäten erhoben wird, also auch Lieferanten betroffen sind, die ausschließlich H-Gas beziehen und liefern.
Ob sich die nunmehr im Marktgebiet NCG erhobene Konvertierungsumlage auf die Beschaffung auswirkt, lässt sich nicht allgemeingültig beurteilen. Klar ist, dass jedenfalls den Importeuren und inländischen Erzeugern jetzt Mehrkosten von 0,15 Euro/MWh entstehen, die sie umzulegen versuchen werden. Lediglich virtuelle Einspeisungen, das heißt der Mengenabtausch am virtuellen Handelspunkt, sind von der Umlage ausgenommen. Die Weitergabe dieser Kosten hängt also von der Frage ab, ob der Versorger einen eigenen Bilanzkreis führt bzw. wie dieser befüllt wird, oder ob und wie die Weitergabe einer solchen Umlage im Sub-Bilanzkonto vertraglich geregelt ist. Es ist mithin nicht ausgeschlossen, dass Vorlieferanten nunmehr an Gasversorger herantreten und die Konvertierungsumlage aus dem Bezugsvertrag geltend machen. Die Versorger sollten dabei nicht ungeprüft akzeptieren, dass eine solche Umlage beim Verkäufer überhaupt angefallen ist und der Beschaffungsvertrag eine solche Weitergabe vorsieht.
Wie man im Vertrieb am besten mit der Konvertierungsumlage umgeht, hängt ebenfalls von der jeweiligen Vertragssituation ab. Sie separat auszuweisen und an den Letztverbraucher weiter zu geben, ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, da die Konvertierungsumlage, anders als das Konvertierungsentgelt, von allen Bilanzkreisverantwortlichen im Marktgebiet auf die dort eingebrachten physischen Einspeisemengen erhoben wird. Allerdings dürften die eingebrachten physischen Mengen eher selten mit den tatsächlichen Ausspeisungen übereinstimmen, so dass eine Weitergabe der echten Kosten des Lieferanten an den Kunden in einer Klausel nicht ohne weiteres darstellbar ist.
Bilanzierungsumlagen („RAU“)
Mit der SLP- und RLM-Bilanzierungsumlage wird grundsätzlich zunächst der Bilanzkreisverantwortliche belastet. Die Umlagen werden vom Marktgebietsverantwortlichen für alle bilanzrelevanten Ausspeisungen erhoben. Allerdings finden sich für diese (und die vormalige Regel- und Ausgleichsenergieumlage) inzwischen in vielen Beschaffungs- und Lieferverträgen mit größeren Endkunden Regelungen, die eine Weitergabe in der jeweils geltenden Höhe vorsehen. Damit sind häufig auch Sub-Bilanzkontonehmer von der Höhe der Umlage betroffen. Nur mit einer solchen separaten Ausweisung der Bilanzierungsumlage kann das Risiko von Schwankungen auf den Kunden abgewälzt werden.
In diesem Zusammenhang stellt sich insbesondere die Frage, wie mit möglichen Ausschüttungen der Regel- und Ausgleichsenergieumlage („RAU“) umzugehen ist. Diese Frage ist deutlich seltener eindeutig vertraglich geregelt. In der Vergangenheit haben sowohl NCG als auch Gaspool Überschüsse im Regel- und Ausgleichsenergieumlagekonto erwirtschaftet und die entsprechenden Beträge an die Bilanzkreisverantwortlichen in zwei Stufen ausgeschüttet. Die Ausschüttungen erster Stufe wurden zwar häufig auch an Sub-Bilanzkontonehmer weitergegeben. Fraglich ist jedoch, ob diese auch an Ausschüttungen zweiter Stufe partizipiert haben bzw. falls nicht, ob und wie diese weitergeleitet werden können oder müssen.
Generell kann man sagen, dass es vom Einzelfall und den vertraglichen Vereinbarungen – beschaffungs- wie vertriebsseitig – abhängt, in welchem Maß die Kosten, die den Versorgern durch das nunmehr teilweise erhöhte Konvertierungsentgelt oder die erstmals erhobene Konvertierungsumlage entstehen, weitergegeben werden können. Gleiches gilt für Weitergabe von Bilanzierungsumlagen.
In beiden Fällen empfiehlt es sich, die eigenen Beschaffungsverträge sorgfältig im Hinblick auf mögliche Ansprüche des Vorlieferanten oder gegen diesen zu prüfen.
Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Dr. Erik Ahnis/Johannes Nohl/Dominique Couval