Recycling von Gewerbeabfällen: schöner Traum, schwierige Praxis 

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Kurz bevor die Legislaturperiode endet, werden traditionell noch einmal rasch besonders viele Gesetze verabschiedet. In dieser Phase entscheidet sich nicht zuletzt, was man von der Koalition, die das Land in der 18. Legislaturperiode regiert hat, in Erinnerung behalten wird. Was das Abfallrecht betrifft, so wird diese Legislaturperiode allerdings vielen vor allem wegen des Scheitern des Wertstoffgesetzes in Erinnerung bleiben, mit dem man ursprünglich die einheitliche Sammlung von Verpackungen und Wertstoffen auf eine zukunftsfähige Rechtsgrundlage stellen wollte (wir berichteten).

Dieser Misserfolg soll aber nicht den Blick dafür verstellen, dass an vielen kleineren Baustellen auch Fortschritte erzielt wurden. So hat der Bundestag am 30.3.2017 grünes Licht für eine längst überfällige Novelle der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) gegeben. Die Novelle der mittlerweile 15 Jahre alten Verordnung soll die Umsetzung der in § 6 KrWG verankerten Abfallhierarchie verbessern und einen ressourceneffizienteren Umgang mit Gewerbeabfällen und bestimmten Bau- und Abbruchabfällen gewährleisten. Die Abfallhierarchie ist gewissermaßen der Dreh- und Angelpunkt des Abfallrechts und legt die Rangfolge für den Umgang mit Abfällen fest. Entsprechend der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/98/EG) priorisiert die Verordnung die Abfallhierarchie in fünf Stufen:

  1. Vermeidung,
  2. Vorbereitung zur Wiederverwendung,
  3. Recycling,
  4. sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,
  5. Beseitigung

Daher ist auch das erklärte Ziel der neuen GewAbfV, die Rückführung werthaltiger Stoffe in den Stoffkreislauf zu fördern und zu verbessern – ein Motiv, das übrigens auch der jüngsten Novelle der Klärschlammverordnung zugrunde lag (wir berichteten).

Bislang wurde diese Rückführung dadurch erschwert, dass die Gewerbeabfälle häufig nur als Abfallgemische erfasst wurden. Folgerichtig nimmt deshalb die neue Verordnung die Abfallerzeuger in die Pflicht. Sie müssen entweder die Abfallsorten von vornherein getrennt halten oder die unvermeidlichen Abfallgemische vorbehandeln und aufbereiten. Entsprechend nervös reagieren daher auch die betroffenen Unternehmen: Gerade kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) befürchten, den zusätzlichen Aufwand, der unter anderem in verschärften Nachweispflichten besteht, nicht schultern zu können. Die Recyclingwirtschaft betont hingegen die Potentiale: „Es wäre kurzsichtig, wenn ein rohstoffarmes Land wie Deutschland darauf verzichten würde, vorhandene Recyclingpotenziale von Abfällen auszuschöpfen“, so Dr. Rainer Cosson, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen.

Weitgehende Einigkeit herrscht jedenfalls darüber, dass der Erfolg der Novelle entscheidend vom Vollzug abhängen wird. Bislang wurde die Behördenpraxis hier als wenig hilfreich empfunden, wenn es um die effektive Umsetzung der GewAbfV ging, so auch die Einschätzung des BDE (Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser-, und Rohstoffwirtschaft e. V.).

Die Novelle muss sich also zunächst mal in der Praxis etablieren, damit aus ihr nicht ein unerfüllter Traum, sondern der von der Bundesregierung angekündigte „Meilenstein zur Schließung von Stoffkreisläufen“ wird.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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