Sind Sie Amtsträger im Sinne des Strafgesetzbuches?

Vorsicht Obacht Information
© BBH

Sicher haben Sie unseren vor Weihnachten veröffentlichten Blog zum „sorgsamen“ Umgang mit Weihnachtsgeschenken von oder an Geschäftspartner(n) gelesen (Vielen Dank in diesem Zusammenhang für die an die Redaktion übersandten Weinflaschen!). Die meisten dort erwähnten Korruptionstatbestände betreffen sogenannte Amtsträger. Wer in einem Stadtwerk oder einem sonstigen privatrechtlich organisierten kommunalen Unternehmen arbeitet, wird sich fragen: Bin ich gemeint?

Die Antwort lautet, wie so oft: Das kommt darauf an. Amtsträger ist nach der monotonen Definition im Strafgesetzbuch (StGB), „wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen.“ Der Satz (§ 11 Abs. 1 lit. 2b StGB) ist anstrengend genug zu lesen – und für die Frage, ob hierunter aber auch Beschäftigte kommunaler Unternehmen fallen, leider ziemlich wenig hilfreich.

Gottseidank hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Thematik beschäftigt und in mehreren Entscheidungen festgelegt, was Sache ist. Danach können auch GmbHs oder AGs in öffentlicher Hand, die als juristische Personen des Privatrechts organisiert sind, als „sonstige Stellen“ den Behörden gleichzustellen sein. Dazu müssen bei ihnen aber Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei staatlicher bzw. kommunaler Steuerung unterliegen, so dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale als „verlängerter Arm“ des Staates erscheinen. Das wäre etwa der Fall, wenn eine GmbH einer Kommune allein gehört und ihr Gesellschaftszweck die Erzeugung von Fernwärme und Energie sowie die entsprechende Versorgung der örtlichen Bevölkerung ist. Der Geschäftsführung wurde in diesem Fall eine Amtsträgereigenschaft zugeordnet. Aber auch Funktionsträger der staatlich gesteuerten Privatrechtsorganisation, was zumindest die Leitungsebene betreffen würde, wären hiernach als Amtsträger zu qualifizieren.

Es gilt daher zu hinterfragen: Nimmt mein Unternehmen öffentliche Aufgaben wahr? Unterliegt es kommunaler Steuerung in der Form, dass sein Handeln als staatlich/kommunal zu werten ist? Das wäre beispielsweise dann nicht der Fall, wenn am Unternehmen ein Privater beteiligt ist, der wichtige Entscheidungen mit einer Sperrminorität beeinflussen kann. Bei dem Merkmal der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sollten insbesondere Fälle mit Anschluss- und Benutzungszwang sowie Monopolbereiche kritisch hinterfragt werden. So könnten auch Fallgestaltungen innerhalb eines Unternehmens auftreten, in denen eine Führungskraft als Amtsträger einzustufen ist, eine andere hingegen nicht. Letztlich ist es aber, wie in anderen Fällen auch, immer eine Frage des Einzelfalls und seiner Besonderheiten, ob ein Unternehmen als behördenähnliche „sonstige Stelle“ zu qualifizieren ist.

Fühlen Sie sich nach dem Geschilderten als Amtsträger? Dann sollten Sie sich von der Frage leiten lassen: „Was würde ein Beamter in meiner Situation tun?“ Seien Sie Robert de Niro und spielen Sie den Beamten nicht nur – seien Sie es!

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

PS: Bitte gehen Sie nicht so weit, dass Sie sich wegen Ihres „Beamtenstatus“ für unkündbar und pensionsberechtigt halten. Das könnte zu noch mehr Irritationen führen als das Verweigern eines Geschenkes.

Share
Weiterlesen

03 Dezember

Nach dem Ampel-Aus ist vor der Bundestagswahl: Wie steht es um die offenen digitalen Gesetzesvorhaben?

Nach dem Bruch der Ampel-Regierungskoalition steht Deutschland früher als gedacht vor einer Neuwahl. Mit Blick auf den dafür angesetzten Termin im Februar 2025 bleibt wenig Zeit, die offenen Gesetzesvorhaben noch abzuschließen. Und davon gibt es eine Vielzahl. Solche, die dem...

02 Dezember

Die Kundenanlage: Neuer Rechtsrahmen und Folgen nach der EuGH-Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 28.11.2024 entschieden, dass die sog. allgemeine Kundenanlage (§ 3 Nr. 24a EnWG) nicht mit europarechtlichen Vorgaben der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (RL (EU) 2019/944) vereinbar ist (Rechtssache C-293/23). Die Entscheidung dürfte Auswirkungen auf zahlreiche Infrastrukturen haben, die...