Sozialversicherungsfalle „Phantomlohn“: Auch in kleinen Details stecken große Risiken!

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Es klingt wie eine Gespenstergeschichte. Aber es ist real – und für viele Unternehmen sehr gefährlich: der sog. Phantomlohn. Bereits 2016 kündigte die Deutsche Rentenversicherung an, sich in Betriebsprüfungen schwerpunktmäßig auf die Suche nach solchen Phantomlohnfällen zu machen. Im Jahr 2018 nahm die Jagd dann richtig Fahrt auf, seit beim Zoll in der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ nochmals weitere Zuständigkeiten und Befugnisse rund um die Aufspürung und Verfolgung von steuer- sowie beitragsrechtlichen Verstößen gebündelt wurden. Und die bisher aufgegriffenen Fälle zeigen: Beitragsverstöße mit erheblichem Nachzahlungs- und Sanktionspotential schlummern nicht nur in (vermeintlich) typischen Schwarzarbeitsbranchen, sondern – häufig unerkannt – auch in völlig „unverdächtigen“ Unternehmen aller Art.

Worum geht es dabei? Sozialversicherungsrechtlich werden Beiträge nicht erst dann geschuldet, wenn tatsächlich Arbeitslohn gezahlt wird, sondern schon unmittelbar dann, wenn der beitragspflichtige Vergütungsanspruch entsteht. Der Arbeitgeber schuldet die Beiträge also völlig unabhängig davon, ob die jeweilige Vergütung an den Arbeitnehmer geleistet wird, ob die Arbeitsvertragsparteien den Anspruch überhaupt kennen und ob der Mitarbeiter ihn geltend macht: Diese womöglich gar nicht erkannte oder jedenfalls nicht bezahlte Vergütung ist der „Phantomlohn“. Deckt sie diesen auf, kann die Sozialversicherung mindestens vier Jahre, bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend die vollen Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen beim Arbeitgeber nachfordern.

Wo schlummern diese Risiken, und wo wird sogar gezielt danach gesucht? Insbesondere Entgeltfortzahlung bei Krankheit sowie im Fall von Urlaub stehen im Fokus. Denn häufig wird übersehen, dass etwa Nachtzuschläge, Sonn- und Feiertagszuschläge bei Krankheit, Urlaub oder Feiertagen in die Vergütung einberechnet und sogar dann „verbeitragt“ werden müssen, wenn die tatsächlich erarbeiteten Zuschläge sozialversicherungsfrei wären. Aber auch sonstige unverzichtbare Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn oder tarifliche Mindeststandards werden schnell übersehen oder indirekt übergangen. Und sogar die aktuell besonders angesagten „Businessbike“-Modelle können Phantomlohn auslösen, etwa wenn sie über Entgeltverzicht auf unverzichtbare Tariflöhne abgewickelt werden.

Selbst eher geringfügige Einzelbeträge können sich dabei je nach Anzahl der Beschäftigten und Dauer des praktizierten Zeitraums dramatisch multiplizieren. Sozialversicherungsbeiträge vorzuenthalten kann auch strafrechtlich relevant werden. Deshalb muss das Phantomlohnthema in jedem Unternehmen sowohl bei der Vertrags- und Vergütungsgestaltung als auch im Rahmen der Compliance zwingender Bestandteil sein.

Ansprechpartner: Dr. Jost Eder/Sandra Schug

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