Was Sie schon immer über Compliance wissen wollten (und sollten) – Teil 1: Mitarbeiterdarlehen

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Man kann sich erfreulichere Nachrichten vorstellen als die zu den Manipulationsvorwürfen deutscher Autobauer, die in den letzten Monaten die Schlagzeilen beherrschten. Doch ein Gutes hat die Affäre immerhin: Sie wirft das Scheinwerferlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit auf einen besonders wichtigen Teil der Unternehmensführung: der Einhaltung von Recht und Gesetz und – fast noch wichtiger – der Schaffung entsprechender Strukturen, die dies bedingen und fördern.

Wir möchten die Gelegenheit nutzen, und Ihnen interessante Fälle aus unserem Compliance-Alltag präsentieren. Den Beginn unserer Serie „Was Sie schon immer über Compliance wissen wollten (und sollten)“ macht das Thema Mitarbeiterdarlehen.

Mitarbeitern Darlehen zu gewähren, hat viele Vorteile. Der Arbeitgeber kann Mitarbeiter an sich binden und sein Vertrauen und seine Wertschätzung ausdrücken. Der Mitarbeiter spart sich die herausfordernde Suche nach einer passenden Finanzierung auf dem Kapitalmarkt und kennt dabei seinen zukünftigen Kreditgeber schon besser als seine Hausbank. Da Mitarbeiterdarlehen ein deutlicher Vertrauensvorschuss immanent ist, werden sie zudem oft zu Sonderkonditionen (bis hin zum Nullzinstarif) vergeben.

So schön das nun alles klingen mag, sollte ein wichtiges Detail nicht übersehen werden. Und zwar das Kreditwesengesetz (KWG). Denn die Gewährung von Darlehen an Mitarbeiter kann ein erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG sein. Generell gilt: Wer Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, bedarf der vorherigen schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 32 KWG. Und wer ohne eine solche Erlaubnis handelt, begeht eine Straftat. Da helfen alle guten Absichten nichts.

Was ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb ist, hat die BaFin für diesen Fall in ihrem Merkblatt Kreditgeschäft (Stand 2.5.2016) konkretisiert: Nur bei über 100 noch nicht restlos abgewickelten Einzeldarlehen oder bei einem Gesamtdarlehensvolumen von über 500.000 Euro bei mindestens 21 Darlehen soll es sich um ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft handeln. Bedenkt man, dass Darlehensverträge üblicherweise eine sehr lange Laufzeit haben und sich im Laufe der Jahre gleich mehrere Einzeldarlehen ansammeln können, und zudem bereits 21 Darlehen mit jeweils über 23.810 Euro schon über dem Schwellenwert liegen, so wird das Risiko erlaubnispflichtiger Bankgeschäfte noch deutlicher.

Allerdings erkennt die BaFin gewohnheitsrechtlich Arbeitgeberdarlehen zur Finanzierung des Erwerbs von Wohneigentum als Ausnahme des Kreditgeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG an. Häuslebauer sind also auf der sicheren Seite. Schließlich sind auch Vorschüsse des Arbeitgebers aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Vorschuss in Erwartung einer bestimmten Gegenleistung und ohne ausdrückliche Rückzahlungsverpflichtung geleistet wird – also Finger weg vom typischen Darlehensvertrag!

Für die Unternehmens-Compliance heißt dies, dass sichergestellt werden muss, dass die Vorgaben für Mitarbeiterdarlehen diesen Aspekten Rechnung tragen. Es empfiehlt sich, die Schwellenwerte und Ausnahmetatbestände direkt in die Unternehmensrichtlinien aufzunehmen und, nach Zuweisung eines Verantwortlichen, Prozesse zur Dokumentation und Kontrolle zu implementieren.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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