Kleine Energiewende am eigenen Balkon: Reform zu den Balkon-PV-Anlagen
Photovoltaikanlagen für den heimischen Balkon werden immer beliebter. Die Tagesschau berichtet, dass im April 2024 mehr als 400.000 Balkon-PV-Anlagen im Marktstammdatenregister registriert waren. Der Gesetzgeber hat diesen Trend nun aufgegriffen und das sog. Solarpaket I verabschiedet. Der Gesetzgeber definiert erstmalig den Begriff „Steckersolargerät“ und privilegiert unter bestimmten Voraussetzungen die so bezeichneten Balkon-PV-Anlagen.
Die bisherige Situation
Maßgeblicher Grund für diese jüngste Erfolgswelle ist sicherlich, dass die Anlagen relativ unkompliziert gekauft und angeschlossen werden können. Sie können ohne größere „Hindernisse“ im Internet, im Baumarkt oder sogar im Discounter erworben werden. Die Schwelle, die Anlage „irgendwo“ bzw. „irgendwie“ anzuschließen, ist also denkbar gering. Bis zur Reform glichen Vorschriften zur Installation und zum Betrieb einer Balkon-PV-Anlage jedoch einem Flickenteppich, der die Nutzer von Balkon-PV-Anlagen sowie die Netzbetreiber vor rechtliche Herausforderungen stellte.
Im Wesentlichen existierten bis zum Inkrafttreten des Solarpakets I keine speziellen gesetzlichen Vorgaben für die Installation und den Betrieb von Balkon-PV-Anlagen. So war gesetzlich bisher weder eine Leistungsobergrenze festgesetzt noch geregelt, welche Steckvorrichtung oder Messeinrichtung genutzt werden soll. Lediglich die VDE-Anwendungsregel 4105 beinhaltete einige wenige Vorgaben, die sich aber lediglich auf die Frage bezogen, wann eine Anlage unter vereinfachten Bedingungen angeschlossen werden kann.
Installation und Betrieb von Balkon-PV-Anlagen werden einfacher
In § 3 Nr. 43 EEG wird zunächst der zentrale Begriff „Steckersolargerät“ definiert. Dabei bezieht sich die Definition auf die einzelnen erforderlichen Komponenten: Solaranlage, Wechselrichter, Anschlussleistung und Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis des Letztverbrauchers. Nicht Teil der Definition hingegen sind die Leistungsgrenzen einer Balkon-PV-Anlage.
Diese Leistungsgrenzen spielen jedoch dann eine Rolle, wenn es darum geht, welche Balkon-PV-Anlagen von gesetzlichen Erleichterungen profitieren können. Das EEG unterscheidet dabei zwischen installierter Leistung und Wechselrichterleistung. Die maßgeblichen Grenzwerte einer Balkon-PV-Anlage hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers sollen bei einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 kW und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 VA liegen.
Ein weiterer Anknüpfungspunkt für die gesetzlichen Erleichterungen ist die „unentgeltliche Abnahme“ (§ 3 Nr. 46a EEG). Diese neu geschaffene Veräußerungsform erlaubt es, dass ins Netz eingespeiste Strommengen dem Netzbetreiber unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Für Betreiber von Balkon-PV-Anlagen ist die Zuordnung zur „unentgeltlichen Abnahme“ häufig sachgerecht, weil – wenn überhaupt – nur sehr geringe durch die Anlage erzeugte Strommengen eingespeist werden und somit potenziell vergütungsfähig sind.
Wenn diese Voraussetzungen eingehalten werden, vereinfacht sich der Betrieb von Balkon-PV-Anlagen erheblich. So entfällt etwa die Meldung beim Netzbetreiber vor der Inbetriebnahme der Balkon-PV-Anlage. Die Registrierung im Marktstammdatenregister ist weiterhin zwingend notwendig, wurde aber unter anderem durch Anpassungen der Marktstammdatenregisterverordnung ebenfalls vereinfacht (Hinweisblatt zur Registrierung).
Zudem stellt § 10a Abs. 2 EEG nunmehr grundsätzlich klar, dass Balkon-PV-Anlagen mit einem Zweirichtungszähler auszustatten sind. Auch hier sieht die Reform jedoch eine Erleichterung für die Balkon-PV-Anlagen vor, die die oben erwähnten Voraussetzungen erfüllen: Übergangsweise darf die Anlage bereits vor dem Einbau der neuen Messeinrichtung betrieben werden, wobei die Richtigkeit der Messwerte der bisher möglicherweise „rückwärts“ laufenden Messeinrichtung gesetzlich vermutet wird (§ 10a Abs. 3 EEG).
Sind weitere (gesetzliche) Anpassungen geplant?
Bislang noch nicht neu geregelt ist die Möglichkeit der Inbetriebnahme einer Balkon-PV-Anlage über eine „Haussteckdose“ mittels sog. Schukostecker. Die Voraussetzungen dafür sollen in einer eigenen Produktnorm für Balkon-PV-Anlagen – der DIN VDE V 0126-95 – festgelegt werden. Bis dahin bleibt es bei der VDE-Anwendungsregel 4105, wonach ein solcher Anschluss nur dann vorgesehen ist, wenn eine Elektrofachkraft die Anlage anschließt. Im Übrigen muss ein sog. „Wielandstecker“ verwendet werden. Die neue Produktnorm soll noch dieses Jahr veröffentlicht werden.
Zudem wurde im Januar 2024 im Bundestag über eine Anpassung des BGB und WEG (BR-Drucksache 508/23) beraten. Die Nutzung von Balkon-PV-Anlagen soll noch weiter vereinfacht werden, indem Vermieter oder die Wohnungseigentümergemeinschaft der Installation einer Balkon-PV-Anlage nicht mehr zustimmen müssen.
Ansprechpartner: Jens Vollprecht/Christoph Lamy/Marcel Dalibor/Fabian Kleene
Diese und weitere Fragestellungen vertiefen wir in unserem Webinar „Balkon-PV-Anlagen – Der rechtliche Rahmen und aktuelle Entwicklungen“ am 26.6.2024 von 10.00 bis 11.30 Uhr und am 11.9.2024 von 10.00 bis 11.30 Uhr.