Strenge Anforderungen an die Einwilligung in Werbeanrufe bei Verbrauchern

(c) BBHDa das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) der Telefonwerbung inzwischen enge Grenzen setzt, versuchen manche Anbieter immer neue Methoden zu finden, um diese Hürden zu umgehen. Besondere Kreativität wird hierbei darin gelegt, die rechtlich notwendige Einwilligung für einen Werbeanruf zu erhalten. Über eine weitere Variante hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 24.4.2012 (Az. I 20 U 128/11) entschieden. Vergebens hatte dort ein Werbender versucht, die Einwilligung zu Werbeanrufen im Rahmen von Umfragen zu Meinungsforschungszwecken zu erlangen.

In dem vom OLG Düsseldorf verhandelten Fall hatte ein Energieversorger geklagt, dessen Kunden von einem anderen Versorger angerufen worden waren, um sie zu einem Anbieterwechsel zu überreden. Zwischen dem Versorger und dem Kunden bestand vor dem Telefonanruf kein geschäftlicher oder sonstiger Kontakt. Die Einwilligung für den zu beurteilenden Werbeanruf wollte der anrufende Versorger aus einer – einem Jahr zuvor stattgefundenen – telefonischen Meinungsumfrage entnehmen. An dieser hatte nicht die angerufene Kundin, sondern die in ihrem Haushalt wohnende volljährige Tochter teilgenommen. Bei der Umfrage ging es vor allem darum, von den Teilnehmern Angaben zu den persönlichen Wohnverhältnissen abzufragen, also z. B.  zu geplanten Investitionen in Heizungsanlagen, zum Vorhandensein von Haustieren und dem persönlichen Wohlbefinden. Zum Schluss wurde noch gefragt, ob sie auch zukünftig mit Anrufen durch das Unternehmen oder Dritte zum Thema „Leben und Wohnen“ oder Werbung einverstanden wäre. Das hatte sie bejaht. Auf diese Einwilligung stützte sich der anrufende Versorger, der im Prozess als Vertragspartner des Meinungsforschungsinstituts aufgetreten ist.

Allerdings ist diese Abfrage in einer Meinungsumfrage für die vorgeschriebene Einwilligung in einen Werbeanruf nicht ausreichend. Dies hatte in der ersten Instanz bereits das Landgericht Kleve (Urteil vom 20.5.2011, Az. 8 O 112/10) festgestellt und wurde auch vom OLG Düsseldorf bestätigt. Die Gerichte haben klargestellt, dass nur dann eine ausreichende Einwilligung in Telefonwerbung im Sinne des UWG gegeben ist, wenn sich aus der Erklärung des Verbrauchers das Einverständnis mit dem späteren, konkreten Anruf ergibt. Aus der im Prozess vorgelegten Einwilligung konnte das Gericht nicht entnehmen, dass die Tochter der Kundin mit Werbeanrufen jeglicher Dritter zu allen Themen des Lebens und Wohnens einverstanden ist, da eine solche weitgehende Auslegung eine unübersehbare Vielzahl von Werbeanrufen ermöglichen würde. Insoweit wird diese vermeintliche Einwilligung nicht den gesetzlichen Anforderungen der Einwilligung im Sinne der Regelung in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG gerecht.

Ob es sich um vorformulierte Einwilligungen bei Online-Gewinnspielen, vgl. insoweit OLG Stuttgart (IR 2011, 18 f. mit Anm.), oder Einwilligungen am Telefon im Rahmen von „neutralen“ Meinungsumfragen handelt – stets ist eine enge, einzelfallbezogene Auslegung der Einwilligung geboten, um den Verbraucher vor belästigenden Werbeanrufen zu schützen, vgl. BGH, GRUR 1995, 220 – Telefonwerbung V. Es ist immer zu prüfen, ob aus Sicht des Anrufers bei verständiger Würdigung eine Einwilligung des Anzurufenden für den konkreten Anruf zu Werbezwecken anzunehmen ist. Hilfreich für die Bestimmung des Beurteilungsmaßstabes ist dabei die richtlinienkonforme Auslegung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG am Maßstab des Art. 13 Abs. 3 Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG. Die Einwilligung setzt eine Willensbekundung voraus, die ohne Zwang und für den konkreten Fall sowie in Kenntnis der Sachlage erfolgt. Andernfalls ist die Einwilligung unwirksam, so wie in diesem Fall, wo unklar war, auf welches Unternehmen und auf welche konkreten Werbemaßnahmen sich die Einwilligung erstrecken sollte. Die Eingrenzung auf Themen aus dem Bereich „Leben und Wohnen“ ist definitiv zu unbestimmt gewesen.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Nils Langeloh

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