Gewinne aufgemöbelt: Bundeskartellamt verhängt Kartell-Bußgelder gegen Möbelhersteller

Bekämpfung von Geldwäsche – Düstere Zeit für „Waschsalons“ Bußgeld Strafzahlung
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Vielleicht inspiriert von der Buchpreisbindung haben sich mehrere Möbelhersteller in den vergangenen Jahren dazu entschlossen, die sog. „unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP)“ an die Händler etwas verbindlicher zu gestalten: Sie drohten Händlern, die ihre Ware zu anderen Preisen anboten, Liefersperren an und setzten sie teilweise auch durch. Ein empfindliches Übel für die Möbelhändler, die Lücken in ihrem Standard-Sortiment befürchten und teilweise erdulden mussten. Die Folge dieses Vorgehens liegt auf der Hand: Wenn ein Sofa in jedem Geschäft das gleiche kostet, dann gibt es keinen Wettbewerb mehr und der Kunde zahlt die Zeche, denn er kann nicht mehr von guten Angeboten profitieren.

Die unter Druck gesetzten Händler riefen schließlich das Bundeskartellamt (BKartA) auf den Plan, das in den Jahren 2014 und 2015 Durchsuchungen bei den verdächtigen Markenherstellern durchführte und Verfahren wegen der sog.– und nach dem Kartellrecht verbotenen – vertikalen Preisbindung einleitete. Fünf davon endeten jetzt mit einer nicht unerheblichen Sanktion: Gegen die Hersteller aeris GmbH, hülsta-werke Hüls GmbH & Co. KG, Kettler GmbH, Rolf Benz AG & Co. KG und Zebra Nord GmbH sowie gegen vier verantwortliche Manager wurden Bußgelder in Höhe von insgesamt 4,43 Mio. Euro verhängt. Im Rahmen eines sog. Settlements wurde das Mitwirken an der Aufklärung immerhin mit einem Nachlass auf das Bußgeld in Höhe von 10 Prozent honoriert, wobei auch die Leistungsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigt wurde. Die Entscheidungen sind inzwischen – bis auf einen Fall – rechtskräftig.

Verbraucherschädliche Preispraktiken wie diese sind jedoch kein Einzelfall, worauf Andreas Mundt, Präsident des BKartA in diesem Zusammenhang nochmals hinwies:

„Das Bundeskartellamt hat in letzter Zeit bereits in zahlreichen Verfahren Bußgelder wegen verbraucherschädlicher Preispraktiken verhängt, etwa im Lebensmitteleinzelhandel, bei Matratzen und Navigationsgeräten.“

Die Zahl der betroffenen Kunden ist hoch, denn „auch im vorliegenden Fall ist wieder ein für den Verbraucher sehr bedeutsamer Produktbereich betroffen. Die betroffenen Markenhersteller decken das gesamte Angebotsspektrum von Kastenmöbeln über Polstermöbel und Bürostühle bis hin zu Garten- und Freizeitmöbeln ab,“ stellt Mundt fest.

Für den Handel zeigt der Fall, dass auch weit verbreitete Vertriebspraktiken der Vorlieferanten mitunter kartellrechtlich sehr problematisch sein können. Eine Kontrolle lohnt und kann neue Freiräume im Wettbewerb schaffen. Spiegelbildlich müssen Hersteller Acht geben, beim Vertrieb das Kartellrecht und die mitunter auch recht komplexen Freistellungsverordnungen nicht zu verletzen. Die Folgen können wie hier sehr gravierend sein.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann
(sowie weitere, einschließl. schadensersatzrechtlichen Folgefragen, insbes. Dr. Holger Hoch + Anna Lesinska-Adamson)

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