Alle (drei) Jahre wieder: Grundversorgerfeststellung zum 1.7.
Schon wieder sind drei Jahre um: Im Jahr 2021 sind die Betreiber von Energieversorgungsnetzen der allgemeinen Versorgung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 EnWG wieder verpflichtet, den Grundversorger für die nächsten drei Kalenderjahre festzustellen.
Bis zum 30.9.2021 ist der (ggf. neue) Grundversorger (Strom und Gas getrennt) für den Zeitraum vom 1.1.2022 bis 31.12.2024 im Internet zu veröffentlichen und der nach Landesrecht zuständigen Behörde schriftlich mitzuteilen. Stichtag für die Bestimmung ist der 1.7.2021.
Wie wird der Grundversorger festgestellt?
Grundversorger ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG „das Energieversorgungsunternehmen, das die meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet der allgemeinen Versorgung beliefert“. Wichtig ist es dabei, einige Eckpunkte zu beachten.
So umfasst der Begriff der Haushaltskunden nicht nur private Letztverbraucher, sondern auch Freiberufler, Landwirte und Gewerbekunden, sofern diese nicht mehr als 10.000 kWh/Jahr verbrauchen (und das gilt auch für Gas). Es kommt bei der Ermittlung nicht darauf an, auf welcher Grundlage die Haushaltskunden beliefert werden (Grundversorgung, Sondervertrag, Drittlieferant, Ersatzversorgung). Jeder Haushaltskunde zählt!
Zur Feststellung des Grundversorgers für ein Netzgebiet ist die relative Mehrheit ausreichend, d.h. derjenige Lieferant ist Grundversorger, der zum 1.7.2021 die meisten Haushaltskunden beliefert (eine qualifizierte Mehrheit von über 50 Prozent ist also nicht erforderlich).
Welches Netzgebiet zählt?
Nach wie vor unklar ist leider die Auslegung des Begriffs „Netzgebiet der allgemeinen Versorgung“, das gem. § 36 Abs. 2 EnWG Bezugspunkt der Auszählung ist. In Betracht kommt hier das jeweilige Konzessionsgebiet, das Gemeindegebiet oder aber das gesamte von einem Unternehmen versorgte Netzgebiet. Die Mehrzahl der nach Landesrecht zuständigen Behörden scheint einer konzessionsgebietsscharfen Feststellung zuzuneigen, wobei teilweise auch netzgebietsbezogene Grundversorgerfeststellungen akzeptiert werden. Eine gefestigte Rechtsprechung gibt es zu dieser Frage noch nicht. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat in einem Urteil vom 20.10.2020 entschieden, dass bei der Bestimmung der Reichweite des Netzgebiets der allgemeinen Versorgung auf das Konzessionsgebiet abzustellen ist. Gegen dieses Urteil wurde jedoch Revision eingelegt, so dass es noch nicht rechtskräftig geworden ist.
Der grundzuständige Messstellenbetreiber ist kein Grundversorger
Die Frage der Grundversorgerbestimmung hat keine Auswirkungen auf die Rolle des Netzbetreibers als „grundzuständiger Messstellenbetreiber“ nach dem Messstellenbetriebsgesetz (MsbG). Diese Rolle verbleibt in jedem Fall beim Netzbetreiber und ist unabhängig von der Zahl der (belieferten oder im Rahmen des Messstellenbetriebs versorgten) Haushaltskunden.
Überprüfung der Entscheidung des Netzbetreibers
Einwände gegen die Ermittlung des Grundversorgers können bis zum 31.10.2021 bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde eingelegt werden. In deren Ermessen liegt es dann, die Einwände aufzugreifen und ein Verfahren zur Feststellung der Grundversorgung gemäß § 55 Abs. 2 EnWG einzuleiten.
Folgen eines möglichen Wechsels des Grundversorgers
Sollte in einem Netzgebiet der Fall auftreten, dass der Grundversorgerstatus wechselt, gelten die bisherigen Energielieferverträge (auch solche der Grundversorgung) zwischen dem ehemaligen Grundversorger und seinen Haushaltskunden zu den im Zeitpunkt des Wechsels geltenden Bedingungen und Preisen fort. Ein Wechsel der im Rahmen der Grundversorgung belieferten Kunden zum neuen Grundversorger ist explizit nicht vorgesehen.
Der bisherige Grundversorgungsvertrag wandelt sich für diese Kunden kraft Gesetzes in einen Sonderliefervertrag um. Der bisherige Grundversorger wird damit aus der Pflicht zur Grundversorgung entlassen und kann zukünftig mit Haushaltskunden nur noch Sonderverträge abschließen. Neue grund- oder ersatzversorgte Kunden sind ab dem 1.1.2022 vom Netzbetreiber dem neuen Grundversorger zuzuordnen.Die technische Abwicklung eines Grundversorgerwechsels im Rahmen der Marktkommunikation ist durchaus anspruchsvoll und setzt eine frühzeitige Abstimmung zwischen den Beteiligten voraus.
Zum Grundversorgerwechsel kommt es allerdings eher selten.
Ansprechpartner*innen: Dr. Jost Eder/Dr. Anna Sachse