Eigenverbrauchsnachweis bei Industrieunternehmen

Festlegung der BNetzA zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom: Variable Stromtarife und der Austausch von Zählzeitdefinitionen (Teil 4)
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Industrieunternehmen benötigen viel Energie. So viel Energie wie ganze Städte, allerdings in sehr flexibler, produktionsabhängiger Art und Weise. Für die in den Kundenanlagen bzw. den geschlossenen Verteilernetzen ansässigen Unternehmen sind die Strombezugskosten ein maßgeblicher Standortfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg, weil bis zum Inkrafttreten des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG 2014) in eigene Kraftwerke investiert wurde, um selbst Strom günstig, abgabenfrei und flexibel zu erzeugen.

Damit der selbst erzeugte und selbst verbrauchte Strom von Bestandsanlagen weiterhin von der EEG-Umlage befreit ist, muss seit dem 1.8.2014 die Zeitgleichheit der Erzeugung und des Verbrauches nachgewiesen werden (§ 61 Abs. 7 EEG). Die in der Energiewirtschaft übliche kleinste Zeiteinheit ist die Viertelstunde. Es ist deshalb sinnvoll, den Nachweis des Zeitgleichheitskriteriums in Viertelstundenwerten zu führen.

Dies würde für stromeigenerzeugende Industrieunternehmen bedeuten, dass für alle Ein- und Ausspeisungen für jedes 15-Minuten-Invervall Messwerte vorliegen müssen, indem zum Beispiel sowohl erzeuger- als auch verbrauchsseitig registrierende Lastgangmessungen oder intelligente Messsysteme vorhanden sind. In der Praxis ist dies in den Betrieben aber häufig nicht der Fall. Die Zählerstände der regelmäßig lediglich die elektrische Arbeit erfassende Verbrauchsmesseinrichtungen werden nur monatlich, quartalsweise oder jährlich ausgelesen, Viertelstundenwerte liegen nicht überall vor.

Um trotzdem die Zeitgleichheit nachweisen zu können, bietet sich – als empfehlenswerte Übergangslösung, wenn nicht § 61 Abs. 7 Satz 2 EEG 2014 einen Viertelstundennachweis ohnehin entbehrlich macht – das in der Energiewirtschaft altbekannte Standardlastprofil an. Dieses Verfahren ist in anderen Bereichen der deutschen Energiewirtschaft immer dann gängige Praxis, wenn die Messung von Viertelstundenwerten aus Abrechnungsgründen erforderlich ist, aber aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht in Betracht kommt. Die Übertragung dieser Überlegungen auf diesen Sachverhalt liegt zwar nahe, kann aber abschließend nicht geklärt werden; trotzdem kann aus der Kombination von 15-Minuten-Messwerten der Netzübergabepunkten und der Erzeugung für den Großteil der eigenerzeugten Energiemenge nachgewiesen werden, dass diese auch gleichzeitig selbst verbraucht wurde. Liegen solche Informationen vor, kann man den Nachweis mit intelligenten Rechenalgorithmen und passenden Standardlastprofilen führen.

Um weiteres Optimierungspotential zu heben, kann das bestehende Messkonzept modernisiert werden und durch Viertelstundenerfassungsgeräte ergänzt werden. Dadurch wird das Risiko verringert, dass der Nachweis der Zeitgleichheit aufgrund der Nichteinhaltung gängiger energierechtlicher Vorgaben im Messwesen auf einmal nicht mehr möglich ist.

Die genauen Anforderungen an den Nachweis sind leider noch nicht abschließend definiert und das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat ebenfalls noch keinen Prüfungsstandard vorgelegt. Allerdings ist unter den jetzigen Randbedingungen das oben skizzierte Verfahren das dringend empfehlenswerte.

Bei der Modernisierung des Messkonzeptes gilt es – unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit – die Zählertechnik, die Kommunikationstechnik und die dazugehörige IT-Infrastruktur auszuwählen. Dazu gehört auch, die für das Unternehmen passenden Betreibermodelle zu identifizieren, denn im Bereich des Messwesens werden vielschichtige Dienstleistungsmodelle angeboten. Entscheidet sich der Industriestandort dafür sein Messkonzept zukunftsfähig aufzustellen, kann er zusätzlich die über diese Infrastruktur zeitlich hochaufgelösten Messdaten für die Energiemanagementsysteme bereitstellen. Dies ermöglicht dann durch Lastmanagement den Eigenverbrauch aktiv weiter zu optimieren.

Ansprechpartner: Dr. Andreas Lied

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