Nachjustieren auf den letzten Metern: das 1. Änderungsgesetz zum BEHG

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Zügig wurde im letzten Jahr das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) verabschiedet (wir berichteten) und ab 2021 ein zusätzlicher nationaler neben dem europäischen Emissionshandel eingeführt. Die Anpassung des neuen Gesetzes an die Kritikpunkte, die es von Beginn an begleiteten, war hingegen langwierig. Und es gibt noch mehr zu regeln.

Zertifikatspreis und Nachkauf

Bereits im Anschluss an das erste Gesetzgebungsverfahren musste die Bundesregierung auf Druck des Bundesrates das Gesetz noch einmal unter die Lupe nehmen. Dabei sollte vor allem der Zertifikatspreis in der preisgebundenen Einführungsphase deutlich anziehen und schon der Einstiegspreis bei 25 statt bei 10 Euro liegen. Im Referentenentwurf des Bundesumweltministeriums vom 28.2.2020 wurde dies entsprechend umgesetzt (wir berichteten). Es dauerte dann aber noch bis zum 7.10.2020, bis der Bundestag die Änderung final verabschiedete. Nun kann sie in Kraft treten.

Der „Elephant in the room“ ist und bleibt dabei zunächst der Anstieg des Zertifikatspreises. Der Einstiegspreis ab 2021 liegt nun also bei 25 Euro/t CO2 und steigt bis auf 55 Euro im Jahr 2025 an. Zum Vergleich: Der EU-Emissionshandel bewegt sich derzeit um die 27 Euro/t CO2. Die Bundesregierung hatte im Entwurf des BEHG eine Belastung für die Wirtschaft von 3,6 Mrd. Euro in 2021 errechnet. Mit dem angepassten Preispfad wird diese voraussichtlich auf 7,4 Mrd. Euro in 2021 bzw. 10,5 Mrd. Euro in 2023 steigen.

Es wurde aber nicht nur der Preispfad angepasst. Der Bundestag hat durch eine Änderung im Ausschussverfahren ermöglicht, dass Zertifikate nunmehr bis zum 30. September des Folgejahres für das vorherige Jahr nachgekauft werden können, anstatt wie bisher nur bis zum 28. Februar. Dies bringt den Vorteil, dass die Verpflichteten bis kurz vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Emissionszertifikate am 30. September des Folgejahres gem. § 8 BEHG noch Zertifikate nachträglich erwerben können. Es bleibt aber dabei, dass ein Nachkauf zum Festpreis des Vorjahres nur bis zum Umfang von 10 Prozent der in dem besagten Jahr bereits erworbenen Zertifikate möglich ist.

Carbon Leakage und Emissionsberichterstattung

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Ausgestaltung der Regelungen für abwanderungsbedrohte Branchen (Stichwort: Carbon Leakage). Nach dem bisherigen § 11 Abs. 3 BEHG wäre dies erst ab 2022 möglich gewesen, doch diese Beschränkung wurde nun gestrichen. Das bedeutet also, dass Unternehmen bereits für die Mehrbelastung in 2021 eine Erleichterung erwarten können. Im selben Zuge wurde die explizite Trennung einer „EU-weiten und internationalen Wettbewerbsfähigkeit“ durch eine vereinte „grenzüberschreitende Wettbewerbsfähigkeit“ ersetzt. Schlussendlich wurde ein Redaktionsfehler beim Verweis auf die Kombinierte Nomenklatur ausgeglichen.

Auch bei den Regeln für die Emissionsberichterstattung wurde nachjustiert. So werden nunmehr Klärschlämme den biogenen Kraftstoffen in § 7 Abs. 4 Nr. 2 BEHG ausdrücklich gleichgestellt und können künftig im Emissionsbericht mit dem Emissionsfaktor „Null“ belegt werden. Weiter wurde der Begriff des Verantwortlichen im Sinne des Gesetzes noch einmal für den Fall einer Steuerlagernutzung konkretisiert. Die Einfuhr von Gas aus dem Ausland löst nun ebenfalls eine Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 BEHG i.V.m. § 40 Abs. 1 EnergieStG aus, wenn dieses nicht durch eine Pipeline geliefert wird.

Es fehlt noch Einiges…

Neben der Änderung des Gesetzesentwurfs hat der Bundestag der Bundesregierung weitere Prüfaufträge und Verpflichtungen mittels einer Entschließung erteilt. Zum einen soll dem Bundestag bis zum Ende des Jahres ein Entwurf für die noch fehlende Carbon-Leakage-Verordnung zugeleitet werden. Hierbei wurden auch Vorgaben hinsichtlich der bürokratischen Ausgestaltung und einer weitreichenden Ausgestaltung der Beihilferegelungen gemacht. Zum anderen sollen auch die bereits getroffenen Regelungen zur Doppelbelastung von Anlagen des EU-Emissionshandels noch einmal überprüft und gegebenenfalls vereinfacht werden. Statt eines finanziellen Ausgleichs habe vorrangig eine Vermeidung der Doppelerfassung, also ein Herausrechnen der an diese Anlagen gelieferten Brennstoffe aus dem Emissionsbericht, zu erfolgen. Denkbar wäre auch, so die Entschließung, eine Übertragung der Verantwortlichkeit auf die EU-EHS-Anlagen ab 2022, im Rahmen der Evaluation im Jahr 2022 zu prüfen.

Die bereits von vielen Seiten befürchtete Mehrbelastung der Abfallverbrenner durch das BEHG soll geprüft und zumindest weitestgehend durch Verfahrenserleichterungen oder gesetzliche Entlastung abgemildert werden, um eine übermäßige Abfallverbringung ins Ausland zu verhindern. Hierbei käme insbesondere eine spätere Einbindung in den Handel oder weitgehende Ausnahmeregelungen in Betracht. Eine vergleichbare Prüfung soll auch für KWK-Anlagen angestellt werden, soweit diese unter Umständen allgemeine Nachteile oder spezifische Wettbewerbsnachteile gegenüber Anlagen der reinen Wärmerzeugung zu erwarten haben.

Bis zum 29.10.2020 kann der Bundesrat gegen das Gesetz Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen – was allerdings nicht wahrscheinlich ist. Die Baustelle BEHG ist damit erst einmal abgearbeitet. Davon, dass damit alle Fragen zum Brennstoffemissionshandel – der immerhin in weniger als drei Monaten starten soll – geklärt sind, kann allerdings nicht die Rede sein. Noch sind die das BEHG konkretisierenden Verordnungen nicht in Kraft, teilweise fehlen diese noch ganz, wie eben beispielsweise die Verordnung zum Carbon Leakage. Bleibt zu hoffen, dass auch an diesen Baustellen das Warten bald ein Ende hat.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Niko Liebheit/Carsten Telschow

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