Nachrüsten oder Aussteigen: Verpflichtende Fernsteuerbarkeit im EEG gilt ab 1.4.2015 nun auch für alle Bestandsanlagen

(c) BBH
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Strom aus Erneuerbaren Energien wird immer häufiger direkt vermarktet und nicht gegen fixe Vergütung ins Netz eingespeist. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 (EEG 2014), das die Direktvermarktung teilweise zur Pflicht macht, hat diese Entwicklung weiter beschleunigt. Und das belegen auch die Statistiken, die zeigen, dass die Direktvermarktung weiterhin zunimmt und attraktiv ist. Mit der Stärkung der Direktvermarktung ist aber im EEG 2014 auch eine neue Pflicht eingeführt worden: EEG-Anlagen, deren Strom über die Marktprämie gefördert werden soll, müssen zwingend fernsteuerbar sein. Diese Pflicht galt zunächst nur für Neuanlagen, also Anlagen, die seit dem 1.8.2014 in Betrieb gegangen sind. Die Fernsteuerbarkeit wird ab dem 1.4.2015 aber auch für alle Bestandsanlagen verpflichtend, wenn für den Strom die Marktprämie beansprucht wird. Diese Pflicht versteckt sich in einer der vielen Übergangsregelungen des EEG 2014 (vgl. § 100 Abs. 1 Nr. 5 EEG 2014). Sie gilt unterschiedslos für alle erneuerbaren Energien – entscheidend für die Pflicht ist also die Vermarktungsform des Stroms. Wer die Pflicht nicht umsetzen kann, wird zukünftig nicht mehr mit Marktprämie vermarkten können.

Fernsteuerbarkeit – Was ist das?

Die Fernsteuerbarkeit von EEG-Anlagen war schon unter dem EEG 2012 bekannt, dort noch als Voraussetzung für den sog. Fernsteuerungsbonus der Managementprämie ausgestaltet. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Möglichkeit des Netzbetreibers, im Rahmen des EEG-Einspeisemanagements „aus der Ferne“ auf die Anlagen zuzugreifen und die Stromerzeugung zu drosseln. Vielmehr geht es um die Möglichkeit des Direktvermarkters – oder eines anderen Dritten, an den der Anlagenbetreiber den Strom veräußert –, auf die Anlage zuzugreifen. Dazu wird eine technische Einrichtung verbaut, die auf ein bestimmtes Signal des Direktvermarkters die Erzeugungsleistung der Anlage erhöht oder absenkt. Der Fernsteuerer verfügt selbst über die erforderliche technische Einrichtung, um das Regelungssignal auszusenden. Zudem muss er die jeweils aktuelle Ist-Einspeisung der Erzeugungsanlage abrufen können.

Weiter muss der Anlagenbetreiber dem Direktvermarkter bzw. dem anderen Dritten ausdrücklich die Befugnis einräumen, überhaupt auf die Anlage zugreifen zu dürfen. Dazu treffen beide in der Praxis regelmäßig eine vertragliche Vereinbarung. Wichtig: Sowohl die Befugnis des Direktvermarkters, als auch die konkrete Nutzung der technischen Einrichtungen durch den Direktvermarkter dürfen die Möglichkeit des Netzbetreibers zum Einspeisemanagement nicht einschränken. Denn dessen Fernsteuerung im Rahmen des Einspeisemanagement gehen einer gleichzeitigen Fernsteuerung des Direktvermarkters im Zweifel vor.

Wie ist die Nachrüstpflicht an der EEG-Anlage umzusetzen?

Der Anlagenbetreiber hat ab dem 1.4.2015 die gesetzliche Pflicht, auch solche EEG-Anlagen in der Direktvermarktung mit Marktprämie fernsteuerbar zu machen, die vor dem 1.8.2014 in Betrieb genommen worden sind. Sollten schon unter dem EEG 2012 die Voraussetzungen für den sog. Fernsteuerbonus erfüllt gewesen sein, dürfte die neue Pflicht für ihn keine große Herausforderung darstellen.

Betreiber anderer Bestandsanlagen müssen hingegen nunmehr tätig werden, um spätestens zum 1.4.2015 die Fernsteuerbarkeitsvoraussetzungen zu schaffen. Hierzu sollten sie – wenn nicht schon geschehen – zunächst mit ihrem Direktvermarkter Kontakt aufnehmen. Es gilt zu klären, welche konkrete technische Einrichtung in welcher Spezifikation zu verbauen ist, damit sie mit dem System des Direktvermarkters kompatibel ist. Unter Umständen empfiehlt es sich, zusätzlich mit dem Netzbetreiber abzustimmen, wie man sicherstellt, dass die technischen Einrichtungen für das Einspeisemanagement weiter funktionieren. Denn in der Praxis werden regelmäßig zwei häufig auch unterschiedliche technische Einrichtungen verbaut: eine für das Signal des Direktvermarkters, eine für das Signal des Netzbetreibers.

Sollten mehrere gleichartige EEG-Anlagen in der Direktvermarktung mit Marktprämie über einen gemeinsamen Verknüpfungspunkt einspeisen, müssen die technischen Einrichtungen nicht an jeder Anlage nachgerüstet werden. Es genügen gemeinsame technische Einrichtungen, über die der Direktvermarkter bzw. der andere Dritte jederzeit auf sämtliche Anlagen zugreifen kann.

Was passiert, wenn die Anlage am 1.4.2015 nicht fernsteuerbar ist?

Die Fernsteuerbarkeit ist ab dem 1.4.2015 für Strom aus sämtlichen EEG-Anlagen in der Marktprämie zwingende Fördervoraussetzung. Egal ob „neue“ oder Bestandsanlage: solange die Voraussetzung nicht erfüllt ist, kann der Anlagenbetreiber für den eingespeisten Strom keine Marktprämie beanspruchen.

Für Bestandsanlagen, die nicht unter die verpflichtende Direktvermarktung fallen, bleibt die Möglichkeit, in die feste Einspeisevergütung zu wechseln. Dort muss die Fernsteuerbarkeit nicht eingehalten werden. Bei einem Wechsel hat der Anlagenbetreiber die Einzelheiten des Wechselprozesses, insbesondere die Fristen zu beachten. Ein Wechsel aus der Direktvermarktung in die feste Einspeisevergütung ist nur zum 1. eines Monats möglich und muss dem Netzbetreiber spätestens zum Ablauf des vorvergangenen Monats mitgeteilt werden. Will also der Anlagenbetreiber ab dem 1.4.2015 in die Einspeisevergütung wechseln, muss er dies dem Netzbetreiber spätestens am 28.2.2015 mitgeteilt haben.

Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob Bestandsanlagen auch in die neue Ausfallvergütung (vgl. § 38 EEG 2014) wechseln können. Dabei fällt die Vergütung zwar geringer aus (nur 80 Prozent des sog. anzulegenden Werts). Ein großer Vorteil wäre aber die kürzere Wechselfrist: Die Meldung müsste den Netzbetreiber nämlich erst am fünftletzten Werktag des März 2015 erreicht haben.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Dr. Wieland Lehnert

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