Neue Regeln des VDE für Schnittstellen zwischen Verteilernetzen: Zusammenarbeit der Netzbetreiber wird immer wichtiger

Mit etwa einem Jahr Verspätung hat der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE) einen Entwurf zu Teil 2 der Anwendungsregel „Technische Regeln für den Betrieb und die Planung von elektrischen Netzen“ vorgelegt. Er adressiert die Schnittstellen zwischen Verteilernetzen und normiert wesentliche Aspekte der Zusammenarbeit zwischen Verteilernetzbetreibern.

Hintergrund

Mit der weiter voranschreitenden Energiewende gehen strukturelle Änderungen in der Erzeugungslandschaft einher, welche die Zusammenarbeit zwischen Netzbetreibern in den Fokus rücken.

Zum einen geht es um „Notfall-Situationen“, in denen bereits eine Gefährdung oder Störung der Stromversorgung eingetreten ist und es gilt, das Versorgungsnetz schnellstmöglich wieder zu stabilisieren. Für solche Situationen hat der VDE bereits die Anwendungsregeln zur Kaskadierung von Maßnahmen für die Systemsicherheit von elektrischen Energieversorgungsnetzen (VDE-AR-N 4140) sowie die Anwendungsregel zu automatischen Letztmaßnahmen (UFLA) zur Vermeidung von Systemzusammenbrüchen (VDE-AR-N 4142) veröffentlicht (wir berichteten).

Damit es erst gar nicht so weit kommt, ist die Zusammenarbeit der Netzbetreiber außerhalb solcher „Notfall-Situationen“ von besonderer Bedeutung. Hier setzte der VDE bereits mit Teil 1 der „Technische(n) Regeln für den Betrieb und die Planung von elektrischen Netzen“ (VDE-AR-N 4141-1) an. Sie betrifft die Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Übertragungs- und Verteilernetzen. Die neue Anwendungsregel (E VDE-AR-N 4141-2) ersetzt Teile des Distribution Code 2007.

Was besagt die Anwendungsregel?

Die Anwendungsregel befasst sich mit den technischen Netzanschlüssen von Netzen zwischen zwei verschiedenen Netzbetreibern. Auf Netzschnittstellen zwischen verschiedenen Netzebenen im Verantwortungsbereich ein und desselben Netzbetreibers ist die Anwendungsregel nicht anwendbar. Adressat der Vorgaben sind sowohl Netzbetreiber der allgemeinen Versorgung als auch Betreiber von geschlossenen Verteilernetzen.

Im Kern beschreibt der nun vorgelegte Entwurf der Anwendungsregel die technischen und prozessualen Mindestanforderungen an den Schnittstellen zwischen Verteilernetzebenen, um die Netz- und Systemsicherheit sicherzustellen. Sie legt Mindestanforderungen fest, die bei der Netzplanung, Betriebsplanung, Bereitstellung von Systemdienstleistungen und der Netz- und Systemführung zu beachten sind und bildet damit die künftige Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Verteilernetzbetreibern. Dazu enthält die Anwendungsregel insbesondere Anforderungen an den Netzanschluss sowie die Betriebs- und Schaltungsplanung. Darüber hinaus finden sich Vorgaben im Hinblick auf Systemdienstleistungen und den Informationsaustausch. Letzteres betrifft sowohl Stammdaten als auch Planungs- und Prognosedaten sowie Echtzeitdaten und Datenmodelle für die Netzbetriebsplanung.

Was ist jetzt zu tun?

Die Entwurfsfassung der Anwendungsregel wurde der Öffentlichkeit zur Prüfung und Stellungnahme vorgelegt. Einsprüche konnten bis zum 24.11.2021 geltend gemacht werden. Es ist damit zu rechnen, dass sie im kommenden Jahr in Kraft tritt.

Bereits jetzt sollten sich Netzbetreiber also einen Überblick verschaffen, inwieweit sie von den aktualisierten Vorgaben zur Zusammenarbeit mit vor- und nachgelagerten Verteilernetzbetreibern betroffen sind und wo gegebenenfalls Handlungsbedarf besteht.

Ansprechpartner*innen: Dr. Michael Weise/Peter Bergmann/Matthias Daumann/Roman Schüttke

PS: Weitere Einzelheiten und erste praktische Ableitungen zur neuen Anwendungsregel stellen wir Ihnen in unserem Webinar VDE-AR zu Schnittstellen zwischen Verteilernetzen vor.

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