Finanzamt darf Tilgungsreihenfolge bei Aufrechnung von Steuern bestimmen
Wenn ein Schuldner, gegen den mehrere Forderungen offen sind, einen bestimmten Geldbetrag zahlt, der nicht alle seine Schulden abdeckt – welche der Forderungen tilgt er dann? Im Steuerrecht gilt hier im Normalfall die Regel, dass es auf den Zeitpunkt der Fälligkeit ankommt (§ 225 AO): früher fällig gewordene Forderungen werden zuerst getilgt.
Das gilt aber nicht unbedingt auch für den Fall, dass das Finanzamt Steuerschulden mit Steuerguthaben aufrechnet. Das ist das Ergebnis einer neueren Entscheidung (Urt. v. 23.4.2014, Az. VII R 28/13) des Bundesfinanzhofs (BFH).
In dem vom BFH entschiedenen Fall war ein Geschäftsführer einer GmbH vom Finanzamt als Haftender für nicht gezahlte Umsatzsteuer 2003, die am 16.7.2007 fällig gewesen war, in Anspruch genommen worden. Er wehrte sich hiergegen, weil das Finanzamt das Umsatzsteuerguthaben für das 3. Quartal 2006 nicht mit der Umsatzsteuer 2003 aufgerechnet hatte, sondern mit der Umsatzsteuerschuld 2004, die aber erst nach dem 16.7.2007 fällig geworden war. Zur Begründung führte er an, dass sich nach der Abgabenordnung (AO) die sog. Tilgungsreihenfolge nach der Fälligkeit der einzelnen Steuerschulden richtet. Weil die Umsatzsteuer 2004 aber nach der Umsatzsteuer 2003 fällig geworden war, hätte das Finanzamt das Umsatzsteuerguthaben für das 3. Quartal 2006 mit der früher fällig gewordenen Umsatzsteuer 2003 verrechnen müssen. Deshalb könne er nicht als Haftender in Anspruch genommen werden.
Der BFH gab dem Finanzamt Recht, weil die Vorschriften über die Tilgungsreihenfolge nur bei einer freiwilligen Steuerzahlung, aber nicht bei einer Aufrechnung zu beachten sind. Im vorliegenden Fall hatte der Geschäftsführer überhaupt keine Zahlungen geleistet. Bei einer Aufrechnung von Steuerschulden bestimmt aber das Finanzamt die Tilgungsreihenfolge.
Ansprechpartner: Manfred Ettinger/Meike Weichel