Geldwäsche im Energiesektor: Gesetzgeberische Überdramatisierung?

Um erst gar kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Dass es notwendig ist, Terrorismus und organisierte Kriminalität auch von der Finanzierungsseite her konsequent zu bekämpfen, das wird an dieser Stelle nicht ansatzweise in Frage gestellt. Nicht zuletzt die europaweit angelegte Phishing-Attacke im Bereich des Emissionszertifikatehandels im Jahr 2010 hat gezeigt, dass kriminelle Elemente auch den Energiebereich unterwandern, wenn sich dazu Gelegenheit bietet.

In Frage stellen kann man allerdings, ob der aktuelle Regierungsentwurf für eine Novelle des Geldwäschegesetzes (GwG) nicht bei einigen Aspekten, die auch die gewerbliche Wirtschaft betreffen, zu weit geht.

Die Bundesregierung plant, künftig (neben Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern) die gewerbliche Wirtschaft und damit auch alle (Energie-)Versorgungsunternehmen ähnlich strengen Geldwäscheregelungen zu unterwerfen wie sie bereits für nach dem Kreditwesengesetz (KWG) lizensierte Energiehändler gelten. Verstöße gegen bestimmte Regeln sollen mit nicht unerheblichen Geldbußen geahndet werden können.

Nach der geplanten Neuregelung sind Versorger demnächst bei der Erbringung von Versorgungsleistungen insbesondere verpflichtet:

  • „zweifelhafte“ bzw. „ungewöhnliche“ Sachverhalte im Rahmen der Geschäftsbeziehung zu untersuchen und das Untersuchungsergebnis mindestens fünf Jahre aufzubewahren;
  • einen Geldwäschebeauftragten zu bestellen, es sei denn die zuständige Behörde stellt das Unternehmen auf Antrag davon frei, was in der Regel nur bei Unternehmen mit „kleiner“ Geschäfts-/ Betriebsgröße möglich sein soll.

Und: Bei leichtfertigen, nachhaltigen Verstößen gegen das GwG kann die Behörde nach entsprechender Vorwarnung künftig die Geschäftstätigkeit auch von gewerblichen Unternehmen untersagen.

Die geplante Untersuchungspflicht ebenso wie die Pflicht zur Bestellung eines Geldwäschebeauftragten dürften insbesondere für kleinere oder mittlere Versorgungsunternehmen nicht ohne Zusatzkosten einzuhalten sein. Ob diese Zusatzkosten auch einen Zusatznutzen im Hinblick auf die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und organisierter Kriminalität generieren werden, daran kann man allerdings zweifeln. Allenfalls bei Versorgungsunternehmen, die sich – etwa in Süd- oder in (Süd)Osteuropa – an Windparks oder ähnlichem beteiligen wollen, dürfte die Gefahr einer „Infizierung“ mit diesen Formen von Kriminalität theoretisch bestehen. Bei Unternehmen, die sich auf den lokalen Wirkungskreis beschränken, dürfte diese Gefahr dagegen eher nicht gegeben sein.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau

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