GSP-Gesetzesgrundlage: Umsetzung ungenügend

Im Juni hatte der Bundesgerichtshof (BGH) zwei bahnbrechende Beschlüsse zur Anreizregulierung verkündet: Einer der zentralen Kritikpunkte des BGH war, dass für den so genannten generellen sektoralen Produktivitätsfaktor (GSP) die gesetzliche Grundlage fehlt. Jetzt macht sich der Gesetzgeber daran, diese Lücke zu füllen. Doch der Weg, den er dazu in seinem Gesetzesentwurf einschlägt, dürfte den Anforderungen des BGH nicht genügen. Der erneute Weg nach Karlsruhe ist damit bereits abzusehen. Das oberste Gericht hat in seinen Entscheidungen vorgezeichnet, wie eine Korrektur aussehen könnte; dem genügt der derzeitige Gesetzesvorschlag nicht:

  • In § 9 Abs. 2 ARegV des Arbeitsentwurfs ist für die erste Regulierungsperiode ein GSP von jährlich 1,25 Prozent vorgesehen. Das heißt, die fehlende Ermächtigungsgrundlage soll somit nachgeholt werden, damit der GSP auch für die Vergangenheit greifen kann. Das ist mit dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot nicht vereinbar. Beim GSP sollte daher die erste Regulierungsperiode ausgeklammert bleiben, zumal die Bundesnetzagentur (BNetzA) den betroffenen Netzbetreibern ohnehin angeboten hatte, dies vertraglich zu regeln.
  • Der für die zweite Regulierungsperiode vorgesehene Wert von 1,5 Prozent ist zu hoch. Eine Begründung für diesen Wert ist nicht erkennbar, und eine solch willkürliche Festsetzung ist verfassungsrechtlich gleichfalls höchst zweifelhaft. Wenn eine Berechnung nach § 9 Abs. 3 ARegV tatsächlich noch nicht möglich ist, dann sollte man auf einen Wert von 0,5 Prozent abstellen. Dieser entspräche dem, was bei einer Berechnung nach den Vorgaben des BGH herauskäme.
  • Gegen die Potenzierung des GSP im Verlauf der Regulierungsperiode bestehen erhebliche rechtliche und sachliche Zweifel. Über die zuvor geäußerten Bedenken hinaus verstärkt die progressive Berechnungsmethodik den Eingriff in die Rechte der Betroffenen und dürfte daher unverhältnismäßig sein.
  • Vollkommen unberücksichtigt bleibt in dem Gesetzesentwurf schließlich die vom BGH ausdrücklich hevorgehobene Feststellung, dass der GSP eine Effizienzvorgabe darstellt und dass Effizienzvorgaben nach § 21a Abs. 4 Satz 6 EnWG lediglich auf die beeinflussbaren Kosten bezogen werden dürfen. Allein mit der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Einführung (das „Ob“) des GSP kann der insoweit in der Regulierungsformel (Anlage 1 zu § 7 ARegV) enthaltene methodische Fehler jedoch nicht korrigiert werden.

Ansprechpartner:
Rechtsanwälte: Prof. Dr. Christian Theobald/Prof. Dr. Ines Zenke/Stefan Wollschläger/Stefan Missling/Axel Kafka
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater: Rudolf Böck/Jürgen Gold

Weitere Ansprechpartner zur Regulierung finden Sie hier.

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