Kleine Geschenke unter Nachbarn
Gemeindliches Sponsoring ist nicht nur eine Compliance-Frage: Für Amtsträger kann es auch strafrechtlich relevant werden. Dabei ist allerdings nicht immer auf den ersten Blick klar, wo die Grenzen verlaufen. In Bezug auf Windkraftanlagen plant der Gesetzgeber nun jedoch eine Erleichterung.
Korruption, Bestechung, Vorteilsgewährung
Stellen Sie sich vor, Sie seien Bürgermeister*in einer netten, ländlichen Gemeinde. Eines Tages besucht Sie ein Geschäftsmann mit einer imposanten Projektidee und erklärt Ihnen neben dem Vorhaben auch, dass er – wenn es zur Umsetzung kommt – natürlich ein guter Nachbar werden wolle und gerne der Gemeinde eine nicht unerhebliche Summe zukommen lassen möchte.
Klingt zu gut, um wahr zu sein? Nein. Das passiert. Und man sollte in dieser Situation mal genauer über Vorteilsgewährung und Bestechung (§§ 333, 334 StGB) nachdenken, um sich nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Bürgermeister sind Amtsträger im Sinne des Strafrechts. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie haupt- oder ehrenamtlich arbeiten, solange sie als Organ der Gemeinde tätig werden. Damit gelten für sie die gleichen Regeln in Bezug auf Bestechung wie für Beamte.
Ebenfalls ist zwar richtig, dass man auch einen Vorteil bekommen muss, wenn man bestochen werden soll. Aber es ist auch möglich, den Vorteil einem Dritten zukommen zu lassen – und das betrifft nicht nur das klischeebehaftete „Diamantcollier für die Frau Gemahlin“, sondern auch einen Vorteil für eine juristische Person, an deren Wohlergehen man ein Interesse hat.
Außerdem: Es ist kein Merkmal von Korruption, dass der korrumpierte Amtsträger eine rechtswidrige Entscheidung trifft (bzw. „seine Dienstpflichten verletzt“). Danach unterscheidet sich nämlich nur, ob wir über Bestechung oder Vorteilsgewährung reden (und damit über fünf oder drei Jahre Freiheitsstrafe maximal).
Trotzdem ist natürlich nicht jedes Sponsoring immer gleich ein Kriminalfall. In der Praxis fehlt es nämlich im Regelfall an einer sog. Unrechtsvereinbarung. Der Vorteil muss gerade in einem Austauschverhältnis mit der dienstlichen Handlung stehen – also ein „quid pro quo“. Vereinfacht gesagt: Ein Sponsoring muss erfolgen, um eine angestrebte Genehmigung zu erhalten.
Leider ist das alles nicht immer eindeutig ersichtlich und abgrenzbar. Das führt dazu, dass das Thema gemeindliches Sponsoring eine Compliance-Frage ist, die sowohl für die Sponsoren als auch für die kommunalen Einrichtungen organisiert werden muss. Das wichtigste Instrument dabei ist Transparenz (vgl. zum Beispiel den Runderlass des Landes Sachsen-Anhalt).
Keine Unrechtsvereinbarung bei Windparks
An dieser Stelle haben wir aber eine gute Nachricht: Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) plant, die Problematik – zumindest im Zusammenhang mit Windkraft-Anlagen – zu beseitigen. Der aktuelle Entwurf des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2021 – wir berichteten) soll endlich die langdiskutierte (und akzeptanzsteigernde) finanzielle Beteiligung der Gemeinden an neuen Windenergieanlagen regeln. Die Windpark-Betreiber sollen verpflichtet werden, ,,ihrer‘‘ Standortgemeinde jährlich 0,2 Cent pro Kilowattstunde der tatsächlich eingespeisten Strommenge zu zahlen. Insgesamt könne dies – so das Ministerium – einer Gemeinde rund 200.000 Euro zusätzlicher Einnahmen für die jeweilige (!) Anlage über die gesamte Laufzeit einbringen.
Als Bürgermeister*in können Sie also in Zukunft fragen, ob das Projekt ein Windpark ist, und dann erleichtert aufatmen. Wenn der Gesetzgeber will, dass Sie das Geld bekommen, dann kann es keine Unrechtsvereinbarung geben.
In diesem Sinne: Auf gute Nachbarschaft!
Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Christian Dessau
PS: Sie interessieren sich für diesen Thema, dann schauen Sie gern hier (erscheint 12.10.2020) und sollte der Geschäftsmann Ihnen über die gesetzliche Beteiligung hinaus aber noch weitere Vorteile in Aussicht stellen, dann bleiben Sie bitte vorsichtig und im Rahmen ihres Compliance-Protokolls!