Immer wieder die Frage der Beihilfe: Der steuerliche Querverbund erneut beim BFH

Der steuerliche Querverbund liegt wieder einmal auf dem Tisch der Richter des Bundesfinanzhofs (BFH). In zwei Verfahren des Finanzgerichts (FG) Münster könnte es wieder zu einer Vorlage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) kommen. Die Unsicherheit für die Stadtwerkebranche bleibt also groß, weshalb die politisch Verantwortlichen endlich für Rechtssicherheit sorgen sollten.

Klärung in Luxemburg?

Dass der BFH die Gelegenheit nutzt, die Beihilfen-Frage dem EuGH zur Klärung vorzulegen, zeigte sein Vorlagebeschluss vom 13.3.2019 (Az. I R 18/19). Zu einer Entscheidung des EuGH kam es nicht, weil die Parteien die Revision einvernehmlich zurückgenommen und das Verfahren damit erledigt haben (wir berichteten). Damit ist die Rechtsfrage aber nicht gelöst. Der BFH macht keinen Hehl daraus, dass er die Querverbundregeln für eine verbotene Beihilfe hält, was er nicht zuletzt in der Presseerklärung vom 6.2.2020 zum erledigten Revisionsverfahren zum Ausdruck gebracht hat.

Nun könnte es wieder soweit sein. Am 16.12.2020 wird gleich über zwei Querverbundverfahren vor dem BFH verhandelt.

Verluste durch Schulschwimmen

In einem Verfahren (Az. 9 K 3847/15 K,F – BFH: Az. I R 50/17) vor dem FG Münster geht es um Verluste einer Stadtwerke-GmbH, die durch das Schulschwimmen verursacht werden. Der BFH soll klären, ob diese im Rahmen des steuerlichen Querverbunds verrechnet werden können, wenn die Schule die Schwimmhalle gegen ein fremdübliches Entgelt nutzt.

Das FG Münster hatte die Klage in der Vorinstanz abgewiesen. Danach seien sämtliche Verluste, die durch das Schulschwimmen verursacht werden, einer gesonderten Sparte „hoheitliche Dauerverlustgeschäfte“ (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 KStG) zuzuordnen. Dies müsse immer dann gelten, wenn die Tätigkeit bei Durchführung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst eine hoheitliche Tätigkeit begründe.

Die klagende Stadtwerke-GmbH stellt das Schreiben (GZ S 2706/08/10004) des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 12.11.2009 in Frage, in dem das BMF das Schulschwimmen ohne Differenzierung als hoheitlich eingestuft und in der Folge von der Querverbundverrechnung ausgenommen hat.

Der BFH muss nun klären, ob die Stadtwerke-GmbH die Verluste aus dem Schulschwimmen wie die Verluste aus dem öffentlichen Bäderbetrieb behandeln kann, wenn die Gesellschafter-Kommune für das Schulschwimmen ein fremdübliches Entgelt zahlt. Dahinter steht die Frage, ob die Person bzw. die Qualität des Leistungsempfängers für die Querverbundverrechnung eine entscheidende Rolle spielt und ob sich hierdurch der unstreitig wirtschaftliche Charakter eines Bäderbetriebs in einen hoheitlichen wandeln kann, wenn es um das Schulschwimmen geht.

Hallenbad für den Notfallbetrieb

Ein anderes Verfahren (Az. 10 K 2308/14 K,G,F – BFH: Az. I R 41/17) vor dem FG Münster dreht sich um eine Spezialfrage: Kann ein Hallenbad, das dem Publikumsverkehr nicht mehr zur Verfügung steht und nur noch für Notfälle betriebsbereit gehalten wird, überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen für den steuerlichen Querverbund erfüllen? Das Finanzgericht lehnte dies in der Vorinstanz ab. Die enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht könne nicht mehr hergestellt werden, da ein Bad, das „nur“ betriebsbereit gehalten wird, keine wesentliche Bedeutung mehr für den Geschäftszweck eines Bäderbetriebs habe.

Endlich die Rechtsfragen klären

Sollte sich der BFH der Meinung der Kläger in einem der Verfahren anschließen, ist davon auszugehen, dass er die Beihilfen-Frage wieder dem EuGH vorgelegt. Dieser seit Jahren währende Ungewissheit einerseits und andererseits die Folge, dass es in Sachen steuerlicher Querverbund faktisch keinen Rechtsschutz gibt, wird für die Stadtwerkebranche zunehmend inakzeptabel. Es ist an der Zeit, dass die politisch Verantwortlichen die Rechtsfrage mit der Kommission klären. Es kann nicht sein, dass alle Jahre wieder ein großes Zittern durch die Stadtwerkebranche geht. Und schließlich darf nicht vergessen werden, dass auch die Kommission jederzeit die Beihilfen-Frage aufnehmen kann. Die Wahrscheinlichkeit hierfür steigt mit jedem einzelnen Beschluss, mit dem der BFH dem EuGH diese Frage zur Entscheidung vorlegt.

Ihre Ansprechpartner*innen: Dr. Dörte Fouquet/Meike Weichel/Hilda Faut

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