TelDaFax-Insolvenz: Kein Grund zu Kleinmut für die Gläubiger

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Ein Insolvenzverwalter kann Zahlungen eines insolventen Unternehmens bis zu vier Jahre später zurückverlangen, wenn sie „unentgeltlich“ waren (§ 134 InsO). Das versucht gegenwärtig der Insolvenzverwalter der TelDaFax-Gruppe, RA Dr. Biner Bähr, gegenüber einer Reihe von Netzbetreibern durchzusetzen. Ob zu Recht oder nicht, das hängt aber stark von den Umständen des Einzelfalls ab.

Zu Hilfe kommt dem Insolvenzverwalter dabei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH), wonach „unentgeltlich“ auch die Zahlung eines Dritten ist, wenn sie – in einer Drei-Personen-Konstellation – zur Erfüllung einer Forderung gegen ein anderes, erkennbar insolvenzreifes, Unternehmen geleistet wurde. Denn eine solche Forderung ist wertlos, und wenn sie trotzdem erfüllt wird, dann entspricht dies gleichsam einem Geschenk – und Geschenke muss man grundsätzlich zurückgeben, wenn der Schenker insolvent wird.

Dr. Bähr stützt sich dabei zumeist auf einen Bericht vom 31.10.2011, aus dem hervorgehen soll, dass die TelDaFax ENERGY GmbH bereits 2009 insolvenzreif gewesen ist, weshalb Zahlungen ihrer Schwestergesellschaft TelDaFax SERVICES GmbH zur Erfüllung dieser angeblich wertlosen Forderungen in der Tat als unentgeltliche und damit anfechtbare Zuwendungen gelten würden.

Der Vorteil aus dieser Konstruktion: Anfechtungen nach § 134 InsO haben keine anderen Voraussetzungen außer der Unentgeltlichkeit der Zahlung, und sie wirken vier Jahre zurück!

Ob die Voraussetzungen dafür, die Zahlungen zurückfordern zu können, tatsächlich vorliegen, muss allerdings der Insolvenzverwalter in vollem Umfang darlegen und beweisen. So müsste Dr. Bähr in jedem Einzelfall die Wertlosigkeit der Forderung des Netzbetreibers gegen die TelDaFax ENERGY GmbH und damit die Unentgeltlichkeit der Leistung der TelDaFax SERVICES GmbH darlegen. Er müsste nachweisen, dass die TelDaFax ENERGY GmbH im Zeitpunkt des Empfangs der angefochtenen Zahlungen tatsächlich insolvenzreif, d. h. zahlungsunfähig oder überschuldet war, und für die Gläubiger keine Chance mehr auf Realisierung ihrer Forderungen bestand. Seiner umfassenden Darlegungs- und Beweislast ist der Insolvenzverwalter bislang allerdings in keiner Weise nachgekommen.

Daher erscheint es keineswegs aussichtslos, sich gegen solche Rückforderungsansprüche zu verteidigen. Die TelDaFax-Gläubiger sollten keinesfalls vorzeitig die Waffen strecken, zumal es so aussieht, als seien die bislang geltend gemachten Rückforderungsansprüche nur die „Spitze des Eisbergs“, d. h. die ersten von einer Vielzahl nachfolgender Ansprüche. Es steht zu befürchten, dass der Insolvenzverwalter im Falle eines Nachgebens den eingeschlagenen Weg exzessiv weiter verfolgt und auch weiter in der Vergangenheit liegende Zahlungen bis zur oben erwähnten Vier-Jahres-Grenze anficht.

Das kann die Gläubigerseite vernünftigerweise nicht zulassen, zumal bislang versucht wird, mit intransparenten Behauptungen einen für den Insolvenzverwalter äußerst günstigen Anfechtungstatbestand herbeizureden. Man sollte nicht so weit gehen, gegen die Zahlungen der TelDaFax SERVICES GmbH auf Schuld der TelDaFax ENERGY GmbH sofort die Allzweckwaffe des Umgehungsgeschäfts ins Feld zu führen, aber die bisherigen Anfechtungserklärungen legen einen solchen Schluss durchaus nahe. Dem sollten die Gläubiger sich nicht ohne weiteres beugen, denn es geht um Geld, das ihnen berechtigterweise zusteht.

Ansprechpartner: Dr. Christian Jung/Markus Ladenburger

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