Doppelschlag des VG Köln: Rechtswidrige Glasfaser-Zugangsentgelte und sofortiger Zugang zu Kabelkanalanlagen der Telekom

Mit gleich zwei Beschlüssen sorgt das Verwaltungsgericht Köln für Aufmerksamkeit: Zum einen hat es die Entscheidung der Bundesnetzagentur (BNetzA) über Glasfaser-Zugangsentgelte in Fördergebieten für rechtswidrig erklärt und zum anderen die Telekom dazu verpflichtet, sofort Zugang zu ihren Kabelkanalanlagen zu gewähren.

Im Oktober 2023 hatte die BNetzA zum ersten Mal von der ihr nach § 149 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4 i.V.m. § 155 TKG zustehenden Kompetenz Gebrauch gemacht, Zugangsentgelte zu einem öffentlich geförderten Glasfasernetz festzulegen. Vorausgegangen war ein Streit zwischen zwei Telekommunikationsnetzbetreibern über den offenen Netzzugang in Form eines Layer-2-Bitstromproduktes (BSA).

Glasfaser-Zugangsentgelte

Das Verwaltungsgericht Köln hat diese Entscheidung nun sowohl wegen formeller als auch materieller Mängel für rechtswidrig erklärt (VG Köln, Beschl. v. 15.3.2024 (Az. 1 L 2288/23).

In formeller Hinsicht habe die zuständige Beschlusskammer 11 der BNetzA (BK 11) den Beteiligten keine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme zur Auswertung ihrer der Entgeltermittlung zugrunde liegenden Marktabfrage und der verwendeten Methodik zur Bestimmung der Durchschnittspreise gegeben. Zudem sei der Beschluss der BNetzA nicht hinreichend nachvollziehbar begründet, vor allem mit Blick darauf, wie die zur Festlegung der Entgelte herangezogenen Durchschnittspreise berechnet wurden.

In materieller Hinsicht habe die BK 11 das ihr zustehende Ermessen bei der Festlegung der Entgelte in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft ausgeübt. Unter anderem habe sie rechtsfehlerhaft lediglich die monatlich anfallenden Überlassungsentgelte festgelegt, ohne weitere Bedingungen für den Netzzugang zu regeln. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 149 Abs. 4 TKG könnten aber die Entgelte nur gemeinsam mit den sonstigen Bedingungen des Netzzugangs festgelegt werden. Denn nur so sei es möglich zu beurteilen, ob die Netzzugangsbedingungen insgesamt „fair und diskriminierungsfrei“ seien.

Schließlich sah das Verwaltungsgericht auch die Berechnung der Durchschnittspreise als fehlerhaft an, weil die BK 11 einige der zugrunde liegenden Parameter nicht korrekt bestimmt habe. So habe sie zum Beispiel die im Rahmen der Marktabfrage erhobenen Preise herangezogen, ohne nach den jeweils zugrunde liegenden und den jeweiligen Preis bestimmenden Geschäftsmodellen mit variierender Risikoverteilung zu differenzieren.

Die Entscheidung der BNetzA in dem Streitbeilegungsverfahren zwischen der M-Net und Vodafone hatte in der Branche viel Aufmerksamkeit erregt. Dies lag vor allem an den angesetzten Entgelten, deren Herleitung nicht transparent nachvollziehbar war. Es machte sich Sorge breit, dass die von der BNetzA bestimmten Entgelte für künftige bundesweite Zugangsnachfragen im geförderten und auch im ungeförderten Bereich herangezogen werden könnten.

Insofern dürfte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln zumindest vorläufig für Erleichterung sorgen. Es ist zu erwarten, dass die BNetzA die gebildeten Entgelte einer erneuten Bewertung unterziehen und die Berechnungsgrundlage transparent machen wird. Die BNetzA hält sich derzeit jedoch noch bedeckt und will zunächst die Entscheidung des Verwaltungsgerichts prüfen. Schließlich handelt es sich auch nur um eine vorläufige Entscheidung im Rahmen eines Eilverfahrens – das Hauptsacheverfahren ist nach unserem Kenntnisstand weiter anhängig. Es ist aber nicht zu erwarten, dass die zuständigen Richter zu einem gänzlich abweichenden Ergebnis als im Eilverfahren kommen werden.

Zugang zu Leerrohren und baulichen Anlagen der Telekom

Für viele Telekommunikationsnetzbetreiber lag es auf der Hand: Wenn die Telekom Deutschland GmbH (Telekom) bereits zum offenen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL, „letzte Meile“) verpflichtet ist, muss sie erst recht auch den Zugang zu baulichen Anlagen, wie den Kabelkanalanlagen (u.a. Leerrohren), Masten und Trägersystemen gewähren. Ganz so einfach war es aber dann doch nicht.

Die Telekom wusste sich über lange Zeit gut gegen eine Regulierungsentscheidung der BNetzA aus dem Jahr 2022 zu verteidigen und konnte eine Streitentscheidung bis zuletzt hinauszögern. Nun aber fand das VG Köln deutliche Worte (VG Köln, Beschl. v. 1.3.2024, Az. 21 L 2023/22): „Hätte der Eilantrag (Anm: der Telekom) Erfolg, würde der beschleunigte Ausbau breitbandiger Netze auf Grundlage vorhandener Infrastrukturen mit sofortiger Wirkung unterbunden. Die so eingetretene Verzögerung beim Netzausbau könnte selbst bei einer späteren Abweisung der Klage der Telekom nicht mehr wettgemacht werden.“

Die Entscheidung ist nachzuvollziehen, können doch Telekommunikationsunternehmen und öffentliche Versorgungsnetzbetreiber ohnehin bereits seit den Regelungen des DigiNetzG zum Zugang zu baulichen Anlagen und Leerrohren verpflichtet werden, die mit der TKG-Novelle und den europäischen Vorgaben des EKEK (Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation) noch einmal verschärft wurden. Von den Konkurrenten der Telekom, insbesondere den entsprechenden Branchenverbänden, wurde die Entscheidung begrüßt.

Die Telekom hat damit nun der von der BNetzA festgelegten Zugangsgewährung ab 1.1.2024 Folge zu leisten, die BNetzA hat die diesbezüglichen Standardangebote und Entgelte der Telekom schnellstens zur prüfen, damit entsprechenden Zugangsnachfragen nunmehr stattgegeben werden kann. Telekommunikationsnetzbetreiber werden hiervon mit großer Wahrscheinlichkeit intensiv Gebrauch machen. Interessenten sollten nun ihre Rechte und Ansprüche prüfen.

Ansprechpartner*innen: Axel Kafka/Julien Wilmes-Horváth/Agnes Eva Müller/Robert Grützner

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