Weihnachten kommt immer so plötzlich …

(c) Martin Beckmann
(c) Martin Beckmann

Es ist ja nicht so, dass die Zeichen zu übersehen gewesen wären. Bereits seit Wochen umgattern die fliegenden Christbaumhändler ihre Reviere, auf den Marktplätzen der Republik werden die Stände für den Weihnachtsmarkt unter lautstarkem Hämmern und Klopfen aufgebaut, zu den ersten Schokoweihnachtsmännern im Supermarktregal gesellt sich langsam auch die passende Einstimmungsmusik, und der Duft nach gebrannten Mandeln liegt in der Luft. Diese unübersehbaren Anzeichen des nahenden Weihnachtsfestes – und damit zwangsläufig auch des nahenden Jahresendes – nimmt der Mensch, der ja bekanntlich ein Gewohnheitstier ist, kaum wahr. Um dann irgendwann völlig überrascht mit den Worten von Franz Beckenbauer festzustellen  „Ja, is‘ denn heut’ scho’ Weihnachten?“

Diese Überraschung wollen – und können – wir Ihnen gar nicht nehmen. Wofür wir aber sorgen können, ist, dass Ihnen auch unterm Weihnachtsbaum nicht die Gesprächsthemen  ausgehen. Mit einem kleinen „energiereichen“ Jahresrückblick wollen wir uns an einige Highlights erinnern, die uns in diesem Jahr bewegt haben, und uns zugleich in die (wie wir finden) wohl verdienten Blog-Ferien verabschieden.

Im Frühjahr diesen Jahres sorgte die Insolvenz von Flexstrom für große Aufregung (wir berichteten). Bei der Pleite der Flextrom AG nebst deren Tochtergesellschaften Optimal Grün GmbH und Löwenzahn Energie sowie Flexstrom GmbH soll es sich angeblich um die größte Insolvenz in der Geschichte Deutschlands handeln. Ohnehin hatte es der Energievertrieb in diesem Jahr nicht einfach. Im Sommer kippte der Bundesgerichtshof (BGH) die so genannten „GVV-Klauseln“ in Sonderlieferverträgen mit Haushaltskunden (wir berichteten). Damit werden auch die auf diesen Klauseln basierenden Preiserhöhungen der Energielieferanten unwirksam, und die Kunden können Rückzahlung verlangen.

Auch die Bürger waren in diesem Jahr gefragt wie selten. Mit Slogans wie „Unser Hamburg – unser Netz“ warben Bürgerinitiativen darum, die Energieversorgung in einigen deutschen Großstädten zu rekommunalisieren. Im Ergebnis haben sich die Bürger von Hamburg für eine Übernahme der Energienetze ausgesprochen, wohingegen in Berlin die Initiative Energietisch abgelehnt wurde. In Stuttgart kam es erst gar nicht zu einer Abstimmung der Bürger: das Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärte die Initiative für unzulässig.

An gleich mehreren Fronten hatte die Wasserwirtschaft in diesem Jahr zu kämpfen. Zunächst erregte die geplante Konzessionsrichtline der EU (wir berichteten), mit der unter anderem auch Wasserkonzessionsverträge (sowie solche zu Strom, Gas und Abwasser)  entsprechend dem europäischen Vergaberecht reguliert werden sollen, große Aufmerksamkeit. Aufgrund der  erheblichen Proteste insbesondere auch der Bürger gegen eine befürchtete Privatisierung von Trinkwasser soll die EU-Konzessionsrichtlinie nun ohne eine Regelung der Wasserversorgung kommen. Auch in der in diesem Jahr nun endlich verabschiedeten 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) konnten die Wasserversorger einen Erfolg vermelden (wir berichteten): Werden die Wasserpreise als öffentlich-rechtliche Gebühren und Beiträge erhoben, sind diese auch in Zukunft der kartellrechtlichen Kontrolle entzogen. Und dann war da natürlich noch die – zeitweise doch recht emotionale geführte – Diskussion um Fracking (wir berichteten). Auch hier spielte Wasser, zumindest die Sauberkeit desselben, eine große Rolle. Ein Gesetzesvorschlag von Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium zur Regelung des Frackings in Deutschland scheiterte daran, dass vor allem die Bundesländer zu große Risiken für Mensch, Umwelt und Wasser sahen.

Fracking wird auf absehbare Zeit also keine Rolle beim Energiemix in Deutschland spielen. Umso überraschter zeigte sich dafür mancher, dass Braunkohle wieder stark gefragt ist, wohingegen Gaskraftwerke häufig in die roten Zahlen rutschen. Eine Lösung hierzu wurde jedoch leider noch nicht gefunden. Dafür hat das Bundeskabinett im Sommer 2013 die Reservekraftwerksverordnung (ResKV) verabschiedet (wir berichteten). Um Versorgungsengpässe im Stromnetz zu vermeiden, wird ein Verfahren vorgegeben, Kraftwerke zur Vorhaltung von Leistungskapazitäten vertraglich zu verpflichten.

Noch etwas Geduld ist im Emissionshandel gefragt. Dass das Zuteilungsverfahren etwas länger dauern würde, war zwar absehbar (wir berichteten). Immerhin hat sich Europa ein einheitliches, aber anspruchsvolles Regelwerk für die übergangsweise kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten für die Handelsperiode 2013 bis 2020 gegeben. Dass die Zuteilung aber bis Jahresschluss gar nicht kommt, überrascht dann doch. Dafür haben sich die Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten für das so genannte Backloading ausgesprochen. Nun ist der Weg frei für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und der EU-Kommission, um im kommenden Jahr 900.000 Zertifikate vorübergehend vom Markt zu nehmen. Und mit der Strompreiskompensation gibt es nun auch im CO2-Bereich ein Entlastungsinstrument: Dank EU-Richtlinie können bestimmte abwanderungsbedrohte Unternehmen ab 1.1.2014 einen Antrag auf Kompensation indirekter CO2-Kosten stellen (wir berichteten).

Hingegen haben uns die Dauerbrenner MiFID, EMIR und REMIT in diesem Jahr wieder einmal sehr auf Trab gehalten, und ein Ende ist nicht in Sicht … Die MiFID hat es jetzt auf europäischer Ebene endlich ins Trilogverfahren geschafft. Mit der Abstimmung im Parlament wird jetzt doch so gerechnet, dass bis Anfang des Jahres eine endgültige Fassung vorliegen könnte. Bei EMIR sind die Transaktionsregister eingerichtet worden;  die Meldungen könntne am 12.2.2014 beginnen. Bei REMIT warten wir noch immer auf die Vorgaben zur Meldung … und warten … und warten …

Das Highlight des Jahres 2013 im Steuerrecht war sicherlich die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens für Strom- und Gaslieferungen (wir berichteten). Damit wird jetzt die Steuerschuldnerschaft auf den so genannten Wiederverkäufer bzw. Versorger übertragen was auch bei der Rechnungsstellung entsprechend zu berücksichtigen ist.

Gleich mehrere Paukenschläge gab es in diesem Jahr in Sachen  Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Im Oktober hat der BGH wichtige Fragen zur Anwendung des Anlagenbegriffs im EEG geklärt (wir berichteten). Ebenfalls im Oktober haben die Übertragungsnetzbetreiber einen Anstieg der EEG-Umlage für nächstes Jahr auf 6,240 Ct/kWh angekündigt (wir berichteten). Für besonders große Beunruhigung aber sorgte und sorgt die Europäische Kommission. Diese veröffentlichte just heute eine Pressemitteilung, mit der sie bekannt gibt, eingehend zu prüfen, „ob die den stromintensiven Unternehmen gewährte Teilbefreiung von einer Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland (sogenannte ,EEG-Umlage‘) mit  EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht.“ Außerdem will man die „Teilbefreiung von der EEG-Umlage prüfen, die gewährt wird, wenn die Strommenge eines Lieferanten zu mindestens 50 % aus inländischen Kraftwerken stammt, die erneuerbare Energie nutzen (,Grünstromprivileg‘)“. Den so in die Weihnachtspause entlassenen Unternehmen (Was für ein Timing!) verbleibt der – geringe – Trost, dass „Die Eröffnung eines eingehenden Prüfverfahrens … Beteiligten die Möglichkeit (gibt), zu der betreffenden Maßnahme Stellung zu nehmen.“ Außerdem, sagt die Kommission dazu, werde das Verfahren „ergebnisoffen geführt.“ Das muss es auch. Denn gute Argumente streiten dafür, dass der „schwarze Mann der Kindererziehung in den 70ern“ – hier die Beihilfewidrigkeit in der Erziehung der Mitgliedsstaaten – hier nicht zum Tragen kommt.

Ebenfalls ganz im Zeichen der Energiewende wurde in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ein Klimaschutzgesetz verabschiedet (wir berichteten). Auf Bundesebene sollte es ebenfalls kommen – zumindest nach einem Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sommer diesen Jahres (wir berichteten). Eine entsprechende Passage wurde im Koalitionsvertrag der großen Koalition aus CDU, CSU und SPD jedoch gestrichen. Mit einem Klimaschutzgesetz für Deutschland dürfte alsbald also nicht zu rechnen sein.

Apropos Koalitionsvertrag, da war doch noch was … Dieses Jahr hat uns die Wahl zum 18. Deutschen Bundestag natürlich allen sehr Stoff zum Nachdenken beschert. Vor der Wahl stiftete die von Bundesumweltminister Altmaier losgetretene Diskussion um die Strompreisbremse (wir berichteten) erhebliche Unruhe, und nach der Wahl hielten die Verhandlungen um den Koalitionsvertrag die Nation wochenlang in Atem. Nachdem die Mitglieder der SPD nun die monatelange Hängepartie der Regierungsbildung beendet haben, wurde nun endlich die Bundeskanzlerin gewählt und die Arbeit kann beginnen. Geht es nach dem Koalitionsvertrag, soll der in jeder Hinsicht sensible Gesetzesentwurf zur EEG-Reform bis Ostern 2014 stehen und noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Es gibt also viel zu tun!

Jetzt stehen uns allen aber erst einmal Tage der Einkehr und Besinnlichkeit bevor. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein erfolgreiches Jahr 2014. Der BBH-Blog ist ab dem 6.1.2014 wieder in der gewohnten Aktualität für Sie da.

Herzlich, Ihr BBH-Blog

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