Agri-PV: Schluss mit der Angst vor dem Verlust der EU-Direktzahlungen
Lange sorgten sich Landwirt*innen darum, bei der Realisierung von Agri-PV-Projekten EU-Direktzahlungen zu verlieren. Doch ein Urteil des BVerwG und eine Neuregelung zerstreuen diese Sorgen.
Grund zur Sorge
Die EU-Direktzahlungen können nur beansprucht werden, wenn die Fläche hauptsächlich landwirtschaftlich genutzt wird. Wird auf der Fläche eine Solaranlage errichtet, wird es auf den ersten Blick gefährlich: Nach § 12 Abs. 3 Nr. 6 Direktzahlungen-Durchführungsverordnung (DirektZahlDurchfV) nämlich werden Flächen, auf denen sich Anlagen zur Nutzung von solarer Strahlungsenergie befinden, hauptsächlich nicht landwirtschaftlich genutzt.
Auf den zweiten Blick
Allerdings: Für den zweiten Blick muss man die Regelung mit der „europarechtlichen Brille“ lesen. Die landwirtschaftliche Tätigkeit darf durch die Intensität, Art, Dauer oder den Zeitpunkt der Agri-PV „nur“ nicht stark eingeschränkt werden. Dieser Sichtweise folgte auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Fall, in dem Schafe unter einer Freiflächensolaranlage weideten.
Das BVerwG hat die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 9.3.2023 bestätigt: Landwirtschaftliche Flächen verlieren – so in den nun veröffentlichten Urteilsgründen – nach unionsrechtskonformer Auslegung erst dann ihre Beihilfefähigkeit, wenn die „[PV-]Anlagen nach ihrer Bauart und Betriebsweise die ausgeübte landwirtschaftliche Tätigkeit stark einschränkten oder einschränken könnten“. Bei Schafen, die ungestört auf dem Dauergrünland unter PV-Anlagen weiden könnten, sei dies nicht der Fall. Auch reiche die ausschließliche Nutzung als Dauergrünland aus.
Mehr Klarheit durch neue Regeln
Die Verordnung wurde mittlerweile von der GAP-Direktzahlungen-Verordnung (GAPDZV) abgelöst. § 12 Abs. 4 Nr. 6 GAPDZV sieht vor, dass der Ausschluss nicht gilt, wenn es sich um eine Agri-PV-Anlage handelt. Absatz 5 des § 12 GAPDZV definiert eine Agri-PV-Anlage als eine auf einer landwirtschaftlichen Fläche errichtete Anlage zur Nutzung von solarer Strahlungsenergie, die eine Bearbeitung der Fläche unter Einsatz üblicher landwirtschaftlicher Methoden, Maschinen und Geräte nicht ausschließt und die landwirtschaftlich nutzbare Fläche unter Zugrundelegung der DIN SPEC 91434:2021-05 um höchstens 15 Prozent verringert. Förderfähig sind dann 85 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche.
Das Urteil des BVerwG bleibt relevant
Viel ist mit der neuen Regelung klarer geworden. Wenn und soweit sich aber Auslegungsspielräume ergeben, dürfte mit Blick auf das Urteil gelten: Schluss mit der Angst und die „europarechtliche Brille“ aufsetzen!
Ansprechpartner*innen: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Andreas Große/Inga Bach