Aktuelles zu Flexstrom – Insolvenzanfechtung und Rückforderung angeblicher Guthaben

(c) BBH
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Netzbetreiber werden nach der Insolvenz von Kunden oft vom Insolvenzverwalter in Anspruch genommen, der zuvor empfangene Zahlungen anficht und zurückfordert. So auch im Fall Flexstrom (wir berichteten): Der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt Dr. Christoph Schulte-Kaubrügger verleiht seinem Begehren dadurch Nachdruck, dass er den Forderungsschreiben der Rechtsanwälte Bograkos, die an dieser Stelle seine rechtlichen Interessen wahrnehmen, einen gut 200seitigen Klageentwurf nebst einer Anlagen-CD mit vielen tausend Seiten beifügen lässt. Herr Dr. Schulte-Kaubrügger hat zudem bei dem einen oder anderen Netzbetreiber seine Ankündigung wahr gemacht, auch die Netznutzungsentgelte zurückzufordern (wir berichteten), welche andere Gesellschaften des Flexstrom-Konzerns geleistet haben. Hierbei handelt es sich namentlich um die Flexgas GmbH, die Löwenzahn Energie GmbH und die OptimalGrün GmbH. Obendrein fordert er von Netzbetreibern die Auszahlung (angeblich) nicht ausgeglichener Gutschriften und Guthaben.

Der Grund für die Anfechtung ist, dass Flexstrom angeblich wusste, dass man eigentlich zahlungsunfähig ist, als die Netznutzungsentgelte beglichen wurden (Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO). Die Rückforderungsansprüche reichen teilweise bis in das Jahr 2008 zurück, was bei vielen Netzbetreibern einer Rückabwicklung der gesamten Geschäftsbeziehung gleichkommt. Allerdings sind bisher weder Zahlungsunfähigkeit noch Vorsatz bewiesen. Im Gegenteil: Es darf davon ausgegangen werden, dass die Insolvenzschuldnerinnen bis kurz vor Insolvenzantragstellung im April 2013 zahlungsfähig waren. Die Zahlungsfähigkeit wurde dem Vorstand der Flexstrom AG jedenfalls in mehreren Testaten und Gutachten einer Rechtsanwaltskanzlei bestätigt. Unabhängig vom tatsächlichen Zeitpunkt des Eintritts der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit wird es – wie so häufig bei Insolvenzanfechtungen – darauf ankommen, wer wann was gewusst hat. Und spätestens in diesem Stadium ist in die für Insolvenzanfechtungen typische Einzelfallprüfung einzutreten. Insofern verbietet sich eine Pauschalbeurteilung. Ob der Anspruch begründet ist, hängt davon ab, welche Indizien im Einzelnen bei jedem individuellen Netzbetreiber vorliegen und wie diese in einer Gesamtschau zu bewerten sind. Momentan spricht hier aber mehr gegen als für den Verwalter.

Angeblich nicht ausgeglichene Gutschriften und Guthaben

Unter Verwendung eines Musterschreibens, das in Tabellenform angebliche Guthaben der Flexstrom-Gesellschaften ausweist, fordert der Insolvenzverwalter von Verteilernetzbetreibern offenbar flächendeckend nun auch noch die Auszahlung (angeblich) nicht ausgeglichener Gutschriften und Guthaben aus mitunter weit zurückliegenden Abrechnungszeiträumen (z.B. 2009). Dem Schreiben ist ein Musterantwortschreiben beigefügt. In diesem kann der Netzbetreiber durch Ankreuzen verschiedene Erklärungen abgeben. Er kann den Zahlungsanspruch anerkennen oder bis zum 31.3.2016 auf die Einrede der Verjährung verzichten.

Die Branche dürfte gut beraten sein, zunächst zu prüfen, ob die geltend gemachten Forderungen tatsächlich bestehen oder nicht längst durch Auskehrung der Guthaben oder durch Verrechnung mit den zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen erloschen sind. Sollten Guthaben mit Fälligkeit in 2011 oder früher bestehen, dürfte Verjährung eingetreten sein.

Wem eine Prüfung vor Ablauf der vom Verwalter gesetzten Frist nicht möglich ist, kann die Verjährungsverzichtserklärung abgeben – jedoch nur für Guthabenforderungen, die in 2012 oder später fällig geworden sind. Die vorgefertigte Erklärung des Verwalters wäre entsprechend anzupassen. In keinem Fall sollte das vom Verwalter geforderte Anerkenntnis abgegeben werden.

Ansprechpartner: Dr. Christian Jung/Oliver Eifertinger/Markus Ladenburger

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