Das neue Investitionsbeschleunigungsgesetz: Booster für die Infrastruktur?

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Im März erst hatte der Koalitionsausschuss der Bundesregierung beschlossen, staatliche und private Investitionen in die deutsche Infrastruktur zu bündeln und Ausbaumaßnahmen zu beschleunigen. Bis Ende Juli sollte danach ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden, der die verwaltungsrechtliche Durchsetzung von Infrastrukturmaßnahmen regelt. Der Entwurf, der jetzt vorliegt, enthält einerseits Änderungen für die Verwaltungsprozesse bei der Planung großer Infrastrukturvorhaben und andererseits Anpassungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die schnellere Gerichtsverfahren ermöglichen sollen.

Flexibilität und Verzahnung

Mit Stand vom 2.8.2020 wurde ein Entwurf zur Konsultation gestellt, den die Bundesregierung am 12.8.2020 beschließen soll. Entsprechend kurz, bis zum 6.8.2020, war die Stellungnahmefrist für Verbände.

Die vereinfachte Modernisierung von Eisenbahnanlagen ist zentraler Teil des Entwurfs. Änderungen am Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) und dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) ermöglichen es in Zukunft, von Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen abzusehen, wenn Strecken als einzelne Maßnahme, und somit nicht als Teil einer umfangreichen Umgestaltung, elektrifiziert oder digitalisiert werden. Dies gilt auch für den Umbau von Bahnhöfen oder die Errichtung von Schallschutzwänden. Zudem stellt der Entwurf noch einmal ausdrücklich klar, dass es zulässig ist, Enteignungsmaßnahmen durchzuführen und Grundstücke für Wartungsarbeiten an Bahnanlagen zu betreten. Im Ergebnis soll es der Bahn nunmehr ermöglicht werden, flexibler ihre Strecken zu modernisieren und in Stand zu halten.

Das Raumordnungsverfahren wird stärker mit dem Planungsfeststellungsverfahren verzahnt und überdies noch einmal eingegrenzt. Ziel ist es, den Beginn etwaiger Überprüfungen vorrangig in die Hand der Projektleiter zu geben und den Prozess an sich zu beschleunigen. Auch wird noch einmal klargestellt, dass das Raumordnungsverfahren eine „gutachterliche Äußerung“ im Rahmen der eigentlichen Zulassungsentscheidung ist und als solche nur mit dieser gemeinsam gerichtlich überprüft werden kann.

Verwaltungsgerichte und Verwaltungsrecht

In der VwGO lassen sich die Änderungen grob aufteilen in eine Stärkung der Infrastrukturverfahren im Speziellen und der Gerichtsprozesse im Allgemeinen. Für Erstere wird die Klärung von Bauplänen in größeren Infrastrukturverfahren nunmehr erstinstanzlich dem Oberverwaltungsgericht (OVG) zugewiesen. Das soll verhindern, dass die in ihrer Natur bereits sehr aufwendigen Verfahren zweimal durch eine vollständige Beweisaufnahme müssen – denn gegen das Urteil des OVG ist nur noch die Revision möglich, das BVerwG erhebt selbst keine Beweise mehr. Zusätzlich soll es die Möglichkeit geben, Kammern oder Senate zu bilden, die alleinig im Wirtschafts- oder Planungsrecht tätig werden. So kann Fachwissen gebündelt werden, um einen reibungsloseren Ablauf von Klagen gegen Infrastrukturprojekte zu forcieren.

Die Verwaltungsgerichtsstruktur soll, auch gerade im Zeichen der Überprüfung einer Vielzahl von Asylverfahren, flexibilisiert werden. Bis Ende 2025 soll es demnach erleichtert werden, Richter aus anderen Gerichten oder sog. Proberichter an der Entscheidungsfindung teilhaben zu lassen. Die Gerichte werden außerdem angehalten, die mündlichen Verhandlungen schneller durchzuführen.

Schließlich wurde für Infrastrukturprojekte eine sog. sofortige Vollziehbarkeit gesetzlich angeordnet. Das bedeutet, dass diese nicht bereits bei jedem Widerspruch und jeder Klage für längere Zeit auf Eis gelegt werden müssen. Vielmehr müsste das Gericht im Eilverfahren diesen Effekt wieder anordnen. Für große Windenergieanlagen soll eine solche Regelung auch in das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) aufgenommen werden.

Es ist abzusehen, dass die Bundesregierung dem Entwurf am 12.8.2020 zustimmen wird. Eine Verabschiedung durch den Bundestag soll nach derzeitiger Planung im Herbst erfolgen, vorbehaltlich weiterer Änderungsvorschläge.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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