Das Winterpaket und der Strommarkt in Europa & Deutschland

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Am 30.11.2016 hat die EU-Kommission das sog. Winterpaket energiewirtschaftlicher Regulierungen veröffentlicht. Es handelt sich dabei nach eigener Aussage der Kommission um einen Vorschlag für das größte und umfangreichste Gesetzespaket, das die EU je für einen einzelnen Wirtschaftssektor vorgesehen hat. Das Paket umfasst weit über 4.000 Seiten und betrifft vom Strommarkt über Erneuerbare Energien bis zu Netzbetrieb und Energieeffizienz fast alle Bereiche der Energiewirtschaft (mit Ausnahme des Erdgasmarktes). Die Auswirkungen auf den Energiesektor sollen die des dritten Binnenmarktpakets noch übertreffen.

Auch wenn Europa und die EU im Alltagsgeschäft weit weg scheinen – die Auswirkungen dieses Pakets werden alle treffen, die im Energiemarkt unterwegs sind, denn die grundlegenden Weichen für die neue Energiewelt im Zeichen von Klimaschutz und Dekarbonisierung werden heute gelegt. Aber keine Sorge – Sie müssen die über 4000 Seiten nicht lesen, um zu erfahren, was die wichtigsten Inhalte des Pakets sind. Wir haben das für Sie getan und werden Sie in einer kleinen Blogreihe über die wesentlichen Punkte informieren.

Schon wieder der Strommarkt?

Anfangen möchten wir mit dem Strommarkt und dem Strommarktdesign. Ja, Sie haben richtig gehört – schon wieder der Strommarkt. Die Tinte des neuen Strommarktgesetzes ist kaum trocken, der Plan eines Strommarkts 2.0 noch ganz frisch und die Kapazitätsmarkt-Pläne eben erst begraben, aber Ruhe kehrt in diesem Bereich so schnell nicht ein.

Im Kern bleibt auch der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission auf der Linie der Bundesregierung. Der Markt soll es richten: durch die Abschaffung aller Strompreisgrenzen, Flexibilisierung der Kurzzeitmärkte und Beseitigung von grenzüberschreitenden Netzengpässen soll der flexible und wettbewerblich funktionierende europäische Strommarkt der Zukunft entstehen. Im Mittelpunkt des Ganzen steht der Endkunde: Jeder Kunde soll nun Anspruch auf eine Art „Smart-Meter“ bekommen, um flexibel auf die Strompreise reagieren zu können. So ungefähr liest sich das auch im Strommarktgesetz. Ob das wirklich funktioniert, weiß immer noch keiner….

Kommen nun doch Kapazitätsmärkte für Gaskraftwerke in Europa?

Zum Erstaunen vieler macht die EU-Kommission an anderer Stelle die Tür für nationale Kapazitätsmärkte weit auf. Im Prinzip sind diese nun unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (bisher hatte die EU-Kommission sich stark gegen nationale Kapazitätsmärkte ausgesprochen). Die wichtigste Beschränkung: Nur Kraftwerke deren Emissionen kleiner als 550 Gramm CO2/kWh sind, dürfen daran teilnehmen. Kohlekraftwerke dürften damit nach heutigem Stand der Technik von einer Teilnahme ausgeschlossen sein. Heißt das nun, dass wir bald 28 unterschiedliche Kapazitätsmärkte in Europa haben? Diese Gefahr besteht durchaus. Zwar ist das gesamte Winterpaket zunächst ja nur ein Vorschlag der Kommission, aber die Kapazitätsmarktdebatte in vielen Mitgliedstaaten dürfte damit wieder an Fahrt gewinnen.

Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Ganz im Gegenteil: das Winterpaket ist erst einmal nur ein Entwurf. Im Januar 2017 startete der ordentliche Gesetzgebungsprozess, der bis Ende 2018 abgeschlossen sein soll. In den kommenden zwei Jahren werden die Regelungen also durch die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament diskutiert und geprüft. Für alle diejenigen, die auf die Ausgestaltung der Regelungen Einfluss nehmen möchten, heißt es daher: die Zeit, sich zu engagieren, ist jetzt gekommen.

Auch bleibt ein Gefühl der wesentlichen Unvollständigkeit. Es gibt einige Baustellen, die werden nicht angesprochen, obwohl sie von grundsätzlicher Bedeutung sind, um einen Markt überhaupt nachhaltig gestalten zu können. Hierzu zählt besonders die fehlende Auseinandersetzung mit dem überalterten Nuklearpark in vielen Mitgliedstaaten der Union, der sich von Laufzeitverlängerung zu Laufzeitverlängerung schleppt und der Unklarheit, wer denn eigentlich die Kosten für den Rückbau, die Entsorgung, sichere Endlagerung und das Müllproblem insgesamt trägt. Das beharrliche Verhüllen des nuklearen “Missing-money“-Problems und der Schieflage bei den Haftpflichtversicherungen für Atomkraftwerke haben ein Damoklesschwert geschmiedet, welches eine wirkliche Energiesektorreform behindert.

Ansprechpartner: Dr. Dörte Fouquet

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