Die EnWG-Reform, Teil 7: Kommunen und Konzessionen

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Das Energiewirtschaftsgesetz wird novelliert. Wir zeigen, was der Gesetzgeber plant und was von der Reform zu halten ist. Teil 7 der Serie: Wie im Kampf um kommunale Netzkonzessionen mehr Wettbewerb entsteht.

Wenn Gemeinden den neuen Konzessionär auswählen, haben sie und die Bewerber künftig mehr Rechtssicherheit hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung eines möglichen Konzessionärswechsel: In § 46 EnWG ist künftig ausdrücklich geregelt, dass bei einem Konzessionswechsel der alte Netzbetreiber dem neuen die Anlagen übereignen muss, wenn der das fordert; eine bloße Verpachtung reicht nicht aus. Darüber hatte es zuletzt viel gerichtlichen Streit gegeben, mit entsprechendem Kosten- und Zeitaufwand. Der entfällt künftig, und das ist gut so.

Außerdem ist künftig explizit festgelegt, dass die Gemeinde vom alten Netzbetreiber alle nötigen Informationen über den Zustand des Netzes bekommen muss. Die kann sie dann potenziellen Bewerbern zur Verfügung stellen, die sich so überlegen können, ob sie bieten, und wenn ja, wie hoch. Was fehlt im Gesetzentwurf, sind konkrete Angaben, welche Daten der alte Netzbetreiber der Gemeinde übermitteln muss.

Alles, was man wissen muss

Vor allem sollte der Gesetzentwurf klarstellen, dass auch Daten zur Kostenstruktur und zu den erzielbaren Netzerlösen vom Informationsanspruch der Gemeinde umfasst sind. Nur wenn er das weiß, kann der potenzielle Bewerber errechnen, welche Preise er verlangen müsste und ob sich der Netzbetrieb für ihn rechnet.

Im Augenblick sieht der Entwurf nur vor, dass sich der Anspruch auf Informationen zur „wirtschaftlichen und technischen Situation des Netzes“ bezieht. Dies müsste sehr weit ausgelegt werden, um die besagten Daten zu umfassen.

Zu kurz ist die Fälligkeitsfrist für den Informationsanspruch bemessen: Die Gemeinde soll zwei Jahre vor Ablauf der Verträge die Daten verlangen können. Das reicht nicht, um die Ausschreibung angemessen vorbereiten zu können. Die Frist sollte vier Jahre betragen.

Quid pro quo

Aber auch nach der Neuvergabe der Konzession gibt es Unklarheiten, die der Gesetzgeber beseitigen sollte: Welche Anlagen muss der alte Konzessionär an seinen Nachfolger übertragen? Was, wenn er sich weigert, die die örtliche Verteilernetzstruktur tragenden Mittelspannungs- bzw. -druckleitungen herauszugeben? Was not tut, ist eine klare Regelung in § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG-E, wonach die Herausgabepflicht „sämtliche für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen“ umfasst. Hierzu gehören alle Anlagen, die der Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet dienen, unabhängig von der Spannungs- oder Druckebene und unabhängig von der Versorgungsfunktion für benachbarte Konzessionsgebiete. Hierauf sollte der Gesetzgeber zumindest in der Gesetzesbegründung hinweisen.

Wünschenswert wäre schließlich eine Klarstellung, welche Gegenleistung der Neukonzessionär an seinen Vorgänger zu zahlen hat. Was genau eine „wirtschaftlich angemessene Vergütung“ ist, muss jetzt höchstrichterlich geklärt werden, und bis es so weit ist, werden noch Jahre vergehen, während derer Kommunen und Neukonzessionäre in langwierige Verhandlungen und Prozesse gezwungen werden. Das ließe sich vermeiden, wenn der Gesetzentwurf festlegen würde, dass der Ertragswert nach IDW-Standards, unter Berücksichtigung regulatorischer Besonderheiten, die Grundlage für die Vergütung ist.

Keine Fesseln für Kommunen

Der neue § 46 Abs. 3 S. 5 EnWG-E schreibt vor, dass die Gemeinde bei der Vergabe einer Konzession sich an den Zielen des § 1 EnWG orientieren muss, eine preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Versorgung sicherzustellen. In der Gesetzesbegründung findet sich aber ein Satz, der – beim Wort genommen – noch große Schwierigkeiten machen könnte: Danach müssen sich die Vergabekriterien der Gemeinde aus Gründen der Entflechtung „auf Aspekte des Netzbetriebs“ beschränken – Aspekte der Erzeugung dürften demnach keine Rolle spielen.

Natürlich ist auch jeder neue Konzessionär beim künftigen Netzbetrieb an die Entflechtungsregelungen gebunden. Aber das heißt nicht, dass die Gemeinde sich in dieser Weise auf bestimmte Auswahlkriterien zu beschränken hat. Ihr Einfluss auf die örtliche Energieversorgung gehört zum Kernbereich ihrer Selbstverwaltung, und den darf sie dazu nutzen, umweltgerechte dezentrale Energieversorgungsstrukturen aufzubauen und zu stärken. Netzbezogene und erzeugungsbezogene Belange sind dabei untrennbar verbunden. Daher ist von einer Beschränkung der Auswahlkriterien dringend abzuraten.

Ansprechpartner:
zum Stand der EnWG-Novelle u.a.: Prof. Christian Held
zu Konzessionen/Netzübernahmen: Prof. Dr. Christian Theobald/Matthias Albrecht

Weitere Ansprechpartner zu Fragen rund um Konzessionsverträge und Netzübernahmen finden Sie z.B. hier, vertiefende Literatur z.B. hier und hier.

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