Öffnung der Fernwärmenetze? Nur mit großem Fragezeichen

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Wer gegenwärtig die Website der Verbraucherzentrale Hamburg ansteuert, hat Anlass aufzuhorchen: Dort findet sich seit Montag ein Beitrag mit dem Titel „Vattenfall muss Fernwärmenetze öffnen“. Jedes Unternehmen, das Wärme erzeugt, habe gegenüber Vattenfall ohne weitere Voraussetzungen Anspruch auf Zugang zum Fernwärmenetz und Durchleitung der erzeugten Wärme an Abnehmer, heißt es in dem Artikel. Sogar von einem „Sprengsatz im verkrusteten Fernwärmemarkt“ ist die Rede. Dies soll das Bundeskartellamt festgestellt haben.

Aber was war tatsächlich geschehen? Die Verbraucherzentrale hatte sich beim Bundeskartellamt über die Geschäftspolitik der Vattenfall in Hamburg beschwert. Nicht nur empfand man die Preise als zu hoch, es bestand auch das Begehren nach einem generellen Abnahmeanspruch von Wärmeproduzenten gegenüber Vattenfall im Sinne eines Einspeise- und Vergütungsrechts. Diesem entsprach das Bundeskartellamt nicht. Es verwies jedoch darauf, dass ein Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zum Fernwärmenetz und damit ein Durchleitungsrecht zur Versorgung von Kunden besteht, dieses im Einzelfall aber immer eine kartellrechtliche gebotene Abwägung, namentlich mit den Versorgungsverpflichtungen des Marktbeherrschers, erforderlich macht. Grundvoraussetzung für eine Netznutzung ist also, dass der Durchleitungswillige tatsächlich in dem Netz (konkrete) Kunden beliefern möchte.

Und das ist auch richtig. Grundsätzlich gewährt das Bundeskartellrecht zwar einen Anspruch auf Nutzung der Infrastruktureinrichtungen – also auch der Netze. Wenn jedoch jeder Wärmeerzeuger Zugang zum Netz verlangen könnte, ohne konkrete Abnahmestelle, dann hätte das zur Folge, dass der Netzbetreiber die Wärme zur Versorgung seiner Kunden erwerben und damit seine eigenen Erzeugungsquellen drosseln muss. Dies ist vom Kartellrechtsanspruch nicht gedeckt und würde einen unzulässigen Eingriff in die Unternehmensführung bedeuten und letztlich einer Wärmeabkaufsverpflichtung gleichkommen.

Ansprechpartner: Stefan Wollschläger/Ulf Jacobshagen

Sie möchten sich über die Hintergründe des kartellrechtlichen Netzzuganges informieren? Dann schauen Sie z.B. gern hier.

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