Vorhang auf für die Fusionskontrolle E.ON/RWE/innogy

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Es war ein Paukenschlag, als vor einem knappen Jahr die Energieversorger E.ON und RWE bekannt gaben, dass sie fusionieren möchten: RWE soll 76,8 Prozent ihrer Anteile an der innogy SE auf E.ON übertragen, nachdem zuvor das erneuerbare Geschäft aus der innogy rausgelöst wird und auf RWE übergeht. RWE erhält dafür das erneuerbare Geschäft der E.ON, ein Handgeld von 1,5 Mrd. Euro und – als Bonbon obendrein – Aktien an E.ON in Höhe von nominell 16,67 Prozent. Während sich RWE auf die Erzeugung konzentriert, kümmert sich E.ON künftig um die Bereiche Netz und Vertrieb. Damit teilen die Branchenriesen die Geschäftsfelder entlang der Wertschöpfungskette neu zwischen sich auf. Im Ergebnis entsteht so ein nationaler Champion, der alle Wertschöpfungsstufen der deutschen Energiewirtschaft dominiert und auch im europäischen Kontext einen großen Einfluss besitzt.

Bevor dieser Vorgang Wirklichkeit werden kann, muss er aber zunächst durch die europäische und auch die deutsche Fusionskontrolle.

Fusionsverfahren, erster Akt

Ein Fusionskontrollverfahren beginnt dann, wenn E.ON/RWE das gemeinsame Vorhaben anmeldet. Ein erster Schritt ist nun getan.

Nach einer langen „Phase 0“ – so nennt man den Zeitraum, in dem die Fusionsanmeldung vorbereitet und mit den Kartellbehörden sondierend gesprochen wird – hat RWE nun pünktlich zum Beginn der großen Handelsblatt-Tagung Energie für Gesprächsstoff auf den Fluren gesorgt. Am 22.1. leitete sie für einen ersten Teilbereich die Phase 1 des Kartellprüfverfahrens ein.

Betroffen ist die Übernahme des Geschäftsbereichs Erneuerbare Energien der E.ON und der innogy durch RWE und der Erwerb der E.ON-Beteiligungen an den Kernkraftwerken Gundremmingen und Emsland. Beides liegt nun auf dem Tisch der Europäischen Kommission, genauer: der Generaldirektion Wettbewerb. Diese wird jetzt beurteilen, ob RWE die Position als Nummer 1 der Erzeugung in Deutschland ausbauen darf. Prüfen wird sie dabei unter anderem auch, ob die angestrebte, im Ergebnis beeindruckende Kombination von konventionellen und erneuerbaren Erzeugungskapazitäten in einer Hand dem Wettbewerb auf den deutschen Märkten schaden kann.

Die Entscheidung der Generaldirektion Wettbewerb ist streng fristgebunden. Im jetzt eröffneten Vorprüfungsverfahren, der Phase 1, prüft sie, ob der Zusammenschluss in den Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrollverordnung fällt. Danach prüft sie summarisch, ob das Vorhaben mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist oder dem Wettbewerb schadet. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass keine ernsthaften Bedenken bestehen, erklärt sie den Zusammenschluss schon hier mit dem gemeinsamen Markt für vereinbar und gibt die Fusion frei (Unbedenklichkeitserklärung). Wenn sie dagegen ernsthafte Bedenken an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem gemeinsamen Markt hat, dann leitet sie Phase 2, das Hauptverfahren, ein.

Nach der Kommission endet die Phase 1 für diese erste Anmeldung am 26.2.2019. Danach haben E.ON/RWE, die Aktionäre und der Energiemarkt eine erste Ahnung, wie es weiter geht.

Derweil hat die Kommission eine Marktbefragung gestartet, an der sich Energiemarktakteure – Wettbewerber wie Abnehmer – bis zum 30.1.2019 beteiligen und Input zu den Auswirkungen der Fusion geben können. Der Fragebogen zeigt, dass sich die Generaldirektion Wettbewerb bereits intensiv in die Marktsituation in der Erzeugung (Abgrenzung wie Auswirkungen der Fusion) eingearbeitet hat: Die Fragen sind scharf und präzise.

Fusionsverfahren, zweiter Akt und weitere folgen

Neben der Anmeldung der RWE zur Übertragung des Erzeugungsgeschäfts werden weitere folgen (müssen). Hierzu gehören u.a. die Übernahme der 16,67-Prozent-Beteiligung an E.ON beim Bundeskartellamt und die Anmeldung der Übernahme der (um das erneuerbare Geschäft bereinigten) innogy-Beteiligung der RWE durch E.ON bei der Europäischen Kommission. Dem Vernehmen nach stehen beide Anmeldungen vor ihrer Abgabe.

Hier wird es (ebenfalls) um die Einflussnahmemöglichkeiten gehen, die der 16,67-Prozent-Anteil an der E.ON für die RWE tatsächlich mit sich bringt. Und natürlich um die Auswirkungen der Fusion auf das deutsche Netz- und Vertriebsgeschäft, in dem E.ON jeweils die klare Nummer 1 werden würde.

Die Meldung, dass die alten Wettbewerber E.ON und RWE zusammengehen wollen, schaffte es im letzten Jahr in sämtliche Wirtschaftsmedien. Würde die Fusion kartellrechtlich zugelassen, wird es einen Eintrag in die Geschichtsbücher der Energiewirtschaft geben.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Holger Hoch

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