Energieversorger könnten Übernahme von Unitymedia zu spüren bekommen

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Alle großen Kabelnetze in Deutschland in einer Hand? Das könnte schon bald Wirklichkeit werden. Bereits im Jahr 2014 übernahm Vodafone die Kabel Deutschland Holding AG und damit die wesentlichen Kabelnetze in 13 der 16 deutschen Bundesländer. Nun greift Vodafone nach der Unitymedia GmbH und damit nach den Kabelnetzen in den übrigen Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Telekommunikationskonzern versucht, die deutschen Kabelnetze in einer Unternehmensgruppe zu bündeln. Im Jahr 2004 beabsichtigte Kabel Deutschland, die regionalen Kabelnetzbetreiber Ish (Nordrhein-Westfalen), Iesy (Hessen) und Kabel BW (Baden-Württemberg) zu übernehmen. Damals hatte sich das Bundeskartellamt (BKartA) einer solchen Konzentration der Marktmacht entgegen gestellt.

Weshalb sollte eine Wettbewerbsbehörde bei dem aktuellen Vodafone-Fall also eine andere Position einnehmen als damals? Schließlich hat das BKartA doch auch in der Zwischenzeit andere Fusionspläne (branchenübergreifend) kritisch beäugt – etwa die Übernahme der Kabel BW durch Liberty Global mit ihrem deutschen Tochterunternehmen Unitymedia GmbH, die wiederum aus einem Zusammenschluss von Iesy und Ish hervorgegangen war. Trotz der anfänglichen Skepsis gab das BKartA die Übernahme im Jahr 2011 allerdings frei, und der Fall landete vor Gericht. Die Beschwerde der Wettbewerber überzeugte das OLG Düsseldorf, das die Freigabe des BKartA aufhob (Beschl. v. 14.8.2013, Az. VI Kart 1/12 (V)): Die marktbeherrschende Stellung von Unitymedia auf dem regionalen Endkundenmarkt für die leitungsgebundene Versorgung mit TV-Signalen (Signalmarkt) werde durch die Übernahme noch verstärkt, und die Nebenbestimmungen des BKartA für den Zusammenschluss könnten dies nicht ausgleichen, so das Gericht. Die Übernahme kam letztendlich zwar doch noch zustande, allerdings auf Basis eines Vergleichs zwischen den Beschwerdeführern und Liberty Global.

Dass der faire Wettbewerb auf dem Signalmarkt auch im Rahmen des aktuellen Vodafone-Unitymedia-Falles bedroht ist, liegt auf der Hand. Zahlreiche Stadtwerke sind hier betroffen, die sich mit dem umfangreichen Ausbau von Breitbandnetzen z.B. im IPTV weitere Geschäftsfelder erschlossen haben. Fragwürdig ist der Zusammenschluss auch mit Blick auf das Angebot für nachgelagerte Kabelnetzbetreiber. Schließlich wird man die Situation auf den Märkten für die Einspeisung von TV-Programmen genau ansehen müssen.

Selbst wenn der weitere Ausbau des Breitbandnetzes und ein Netzzugang für Dritte in Aussicht gestellt werden, gleicht das nicht unbedingt die Wettbewerbsnachteile für die übrigen Marktteilnehmer aus. Aktuell ist der Wettbewerb in erster Linie technologisch: Unternehmen werben mit Produkten von unterschiedlicher Qualität um die Endkunden. Wenn nun Unternehmen zu einem günstigeren Preis Vorleitungen der Vodafone in Anspruch nehmen könnten, um ihre eigenen Produkte anzubieten, könnten sich insbesondere die Anreize zum kostenintensiven Ausbau von besonders hoch qualitativen FTTH-Netzen sogar eher verringern.

Wegen der erheblichen Umsätze der Fusionäre in spe – Vodafone und Unitymedia-  fällt die Fusion in die Kompetenz der EU-Kommission (Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 139/2004). Die kann allerdings gemäß Art. 9 den Fall an das BKartA verweisen. Der Präsident des BKartA, Andreas Mundt, hat bereits angekündigt, dies zu beantragen. Dann ginge es – auch für betroffene Dritte – vor dem BKartA weiter. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB ist von diesem ein „Zusammenschluss, durch den wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde, insbesondere von dem zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt … zu untersagen“. Schauen wir also gespannt, ob es dazu tatsächlich kommt.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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