Dauerdefizitäre Verpachtungs-BgA: Kommunale Betriebe müssen ihre Strukturen neu denken

Erzielt ein Unternehmen fortlaufend Verluste, gilt es als dauerdefizitär. Darunter fallen im kommunalen Bereich vor allem Schwimmbäder und Einrichtungen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Verpachtung dieser dauerdefizitären Einrichtungen (Verpachtungs-BgA) wird künftig zum Auslaufmodell. Es drohen Steuernachteile, die insbesondere den Schwimmbadbetrieb nochmals verteuern.

Einschränkung der Querverbundregeln

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 15.12.2021 angekündigt, dass die aus kommunaler Sicht vorteilhaften Querverbundregeln im Zusammenhang mit Verpachtungs-BgA eingeschränkt werden sollen. Damit folgt es auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Die steuerlichen Folgen dieser Verpachtungen sind damit auch rückwirkend (!) völlig neu zu denken, alternative Lösungen müssen entwickelt werden. Die kommunalen Verpächter sind gehalten, gemeinsam mit ihren Pächtern nach praktikablen Lösungen zu suchen. Doch welche Optionen bestehen überhaupt?

Kommunen müssen nun zum Beispiel neu über eine Aufrechterhaltung oder Rücknahme des Schwimmbadbetriebs entscheiden. Dabei müssen sie gegebenenfalls einen Betriebsführer einschalten, das Schwimmbadvermögen auf den bisherigen Betreiber übertragen oder – im schlimmsten Fall – den Schwimmbadbetrieb einstellen. Die Fortführung des Verpachtungsmodells ist jedenfalls eine teure Option. Eigentlich spricht daher viel dafür, das verpachtete Vermögen auf den Betreiber zu übertragen. Was ist aber, wenn der Betreiber das Vermögen nicht als sein zivilrechtliches Eigentum übernehmen möchte?

Das Problem

Der BgA ist eine steuerliche Fiktion, die an strenge Voraussetzungen geknüpft ist. Es bedarf keines speziellen Gründungs- oder Auflösungsaktes. Deshalb besteht eine besondere Herausforderung des Steuerpflichtigen darin, die Grundlagen, die zur Begründung oder Auflösung eines BgA führen können, laufend zu überwachen – und das über viele Jahre, wenn nicht sogar über Generationen, hinweg.

Diese Herausforderung wird nochmals gesteigert, wenn der Eigentümer des verpachteten Vermögens nicht zugleich auch der Betreiber ist. Als steuerliche Reparationsmaßnahme, die darauf gerichtet ist, auch dieses Vermögen sowie die hiermit erzielten Einnahmen der Ertragsbesteuerung zu unterwerfen, war die Begründung von Verpachtungs-BgA bzw. Betriebsaufspaltungs-BgA daher noch nie eine optimale Lösung. Im Falle dauerdefizitärer Einrichtungen wurde sie dennoch gezielt eingesetzt, um die auflaufenden Verluste steuerlich nutzbar zu machen. So wurde der Verpachtungs-BgA bzw. der Betriebsaufspaltungs-BgA zu Eckpfeilern des steuerlichen Querverbunds. Gewinnbringende Beteiligungen wurden zum Betriebsvermögen des fiktiven BgA. So ließ sich die Kapitalertragsteuer-Belastung auf die Gewinnausschüttungen mindern oder gar ausschließen.

Zielstruktur gut überlegen

Wird ein bestehender BgA beendet, hat dies in der Regel gravierende Steuerfolgen: Im Fall von Schwimmbädern geht es immer auch um die Grundstücke. Möglicherweise kommt noch die Beteiligung an einer Gesellschaft hinzu, die zum Betriebsvermögen des BgA gehörte. Mit Beendigung des BgA werden diese Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen entnommen. Die Besteuerung der stillen Reserven ist die Folge. Dieser latenten Gefahr hat sich der Steuerpflichtige bei der Entscheidung für das Verpachtungsmodell bewusst zu sein.

Schwimmbäder sind komplexe technische Anlagen, deren Unterhalt oft hohe Investitionen erfordern. Die künftige Zielstruktur sollte also wohl überlegt sein. Die Möglichkeiten, die das Steuerrecht (noch) bietet, könnten einen wichtigen Finanzierungsbaustein für das dauerdefizitäre Schwimmbad darstellen. Am Ende kann sie auch ausschlaggebend sein für die Antwort auf die Frage „Sein oder nicht sein?“. Die Finanzverwaltung hat eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 eingeräumt.

Ansprechpartner*innen: Rudolf Böck/Meike Weichel/Hilda Faut

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