9. Sektorgutachten der Monopolkommission: Mehr Wettbewerb und Qualität auf der Schiene

In ihrem kürzlich veröffentlichten 9. Sektorgutachten Bahn hat die Monopolkommission ausgesprochen, was viele Bahnkunden denken: „Time to GO: endlich qualitätswirksam in den Wettbewerb!“ Allerdings kann die Monopolkommission nur Empfehlungen machen und tut dies auch alle zwei Jahre in ihren Sondergutachten. Die Umsetzung steht auf einem anderen Blatt.

Umstrukturierung des DB-Konzerns

Laut der Monopolkommission sind wichtige Weichen für mehr Wettbewerb im Bahnsektor bereits gestellt. Hierzu gehören die im Koalitionsvertrag verankerten Pläne, aus zwei Tochtergesellschaften der DB AG, nämlich der DB Netz und der DB Station & Service, eine neue, gemeinwohlorientierte Schieneninfrastrukturaktiengesellschaft („InfraGo“) zu bilden, auch wenn die Monopolkommission eine Herauslösung der Infrastruktursparte aus dem DB Konzern noch mehr begrüßt hätte.

Die Zusammenlegung der zwei Infrastruktureinheiten soll nach der Vorstellung der Bundesregierung Doppelstrukturen auflösen und Effizienzgewinne schaffen. Die InfraGo soll keinem Gewinndruck unterliegen, ihre Erträge sollen vielmehr für die Instandhaltung und den Ausbau der Infrastruktur verwendet werden.

Laut der Monopolkommission muss hierbei jedoch eine wettbewerbliche Ausrichtung beachtet werden. So hat die Monopolkommission empfohlen, eine wirtschaftliche und organisatorische Unabhängigkeit der InfraGo von den anderen Gesellschaften der Deutschen Bahn zu wahren. Außerdem sollte einer wettbewerbsschädlichen Quersubventionierung der neuen Gesellschaft entgegengewirkt werden.

Qualitätssicherung durch Entgeltregulierung

Allein dies wird den weiterhin schwachen Wettbewerb auf der Schiene und vor allem die Qualität der dort erbachten Leistungen noch nicht stärken. Angesichts des natürlichen Monopols der DB Infrastruktur lässt sich das nach Aussage der Monopolkommission – jedenfalls derzeit – nur durch staatliche Regulierung erreichen. Hier schlägt die Monopolkommission insbesondere vor, die Preise, die alle Verkehrsunternehmen für die Nutzung der Schieneninfrastruktur zahlen, an das Erreichen bestimmter Qualitätsparameter durch den Infrastrukturbetreiber zu koppeln. Dies soll ihn dazu veranlassen, für eine bessere Qualität des Schienennetzes zu sorgen. Umgekehrt müssen sich aber auch Verkehrsunternehmen an bestimmten Qualitätskriterien (z. B. Pünktlichkeit von Zügen) messen lassen und – sofern sie etwa durch Personalausfall für die Verspätung verantwortlich sind – pönalisiert werden.

Daneben müssten laut der Monopolkommission aber auch andere Kontrollmechanismen auf ihre Qualitätsorientierung überprüft werden. Hier empfiehlt sie z. B. eine Rückkopplung der Qualitätsziele mit der Vergütung des DB-Managements.

Datenzugang im Vertriebsbereich

Am 28.6.2023 wurde bekannt, dass der vom Netzbetrieb bis zum Fahrkartenvertrieb vertikal integrierte Staatskonzern Deutsche Bahn konkurrierende Mobilitätsplattformen, wie Trainline oder Omio, unter anderem durch die Verweigerung eines fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugangs zu Verkehrsdaten missbräuchlich behindert und auf diese Weise gegen das Kartellrecht verstoßen habe. Deshalb gab das Bundeskartellamt der Deutschen Bahn auf, bestimmte Verhaltensweisen und Vertragsklauseln zu ändern.

Hierzu passt, dass die Wettbewerbsexperten von der Deutschen Bahn auch die Übermittlung von Verkehrsdaten in Echtzeit, insbesondere zu den Ankunfts- und Abfahrtszeiten von Zügen, an konkurrierende Vertriebsunternehmen fordern. Ohne diese Übermittlung könnten andere Mobilitätsdienstleister nicht in Wettbewerb mit der Vertriebssparte der DB eintreten, was die Preise hochhält. Durch einen besseren Datenaustausch würden Reisende, die Zugfahrten dann auch über andere Portale als „bahn.de“ oder andere Apps als „DB Navigator“ voraussichtlich günstiger buchen könnten, deutlich profitieren.

Der Weg zur Reform

Die Gründung der InfraGo soll in weniger als fünf Monaten auf den Weg gebracht werden. Ob das in wettbewerblicher Weise gelingt, steht noch nicht fest. Unabhängig von dem Zeitplan bleibt zu hoffen, dass das Konzept der neuen Gesellschaft am Ende tatsächlich für mehr Qualität, Wettbewerb und Kundenorientierung sorgt. Nur so kann auch die ökologische Transformation des Verkehrssektors gelingen, die immer drängender wird.

Ansprechpartner*innen: Dr. Tigran Heymann/Dr. Holger Hoch/Dr. Anna Lesinska-Adamson

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