Von Wahlentscheidungen und (nicht ganz) vollendeten Tatsachen

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Heute wählt das amerikanische Wahlvolk seinen nächsten Präsidenten. Die beiden Kandidaten haben bekanntlich sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, welchen Beitrag zum Klimawandel (wenn es ihn denn gibt?) der Mensch leistet und was (und ob überhaupt etwas) gegen diesen getan werden sollte. Das Rennen ist noch offen, doch eines steht schon fest: Heute endet die Mitgliedschaft der USA im Klimaabkommen von Paris (wir berichteten).

Der lange Abschied

Das Abkommen von Paris hat zum Ziel, die gefährliche Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen. Es soll sie auf ein beherrschbares Maß von deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen, möglichst aber auf 1,5 Grad. Die USA sind – nach China – der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen. Die Umsetzung des Abkommens würde von den USA also vor allem im Energiesektor erhebliche Strukturanpassungen  und eine Abkehr von fossilen Brennstoffen fordern – aus Sicht des Amtsinhabers eine „unfaire Belastung“ für Arbeiter, Unternehmen, Steuerzahler und die US-Wirtschaft insgesamt. Bereits kurz nach seiner Wahl 2016 kündigte er deshalb an, das Abkommen kündigen zu wollen. Damit musste er sich allerdings gedulden, denn nach Art. 28 des Abkommens kann ein Unterzeichner erst drei Jahre nach Inkrafttreten des Vertrages seinen Austritt beantragen. Danach gilt eine Frist von noch einmal einem Jahr.

Nachdem das Abkommen vier Tage vor der Präsidentschaftswahl am 4.11.2016 in Kraft getreten war, setzte der Präsident – von der Weltöffentlichkeit mehr mit Empörung als mit Überraschung zur Kenntnis genommen – genau ein Jahr später seine Unterschrift unter das Austrittsdekret. Heute endet auch die Jahresfrist und die USA scheiden aus dem Kreis der Parteien des Abkommens von Paris aus.

Folgen des Austritts

Der Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen wird voraussichtlich dazu führen, dass sich die Temperatur in den kommenden Jahren um bis zu 0,3 Grad erhöht. Damit würde es nicht gelingen, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf zwei Grad zu begrenzen. Immerhin scheinen die Folgen jedoch nicht ganz so drastisch auszufallen wie anfangs befürchtet.

Hauptgrund dafür ist, dass die Umsetzung der Pariser Klimaziele nicht allein in Washington geleistet wird. Viele US-Bundesstaaten, Städte und große Unternehmen wollen saubere Energie und eine klimafreundliche Entwicklung. Deshalb haben sie unabhängig von der Bundesregierung bereits Maßnahmen ergriffen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens auch nach dem Austritt der Vereinigten Staaten zu erreichen.

Der anfangs befürchtete Dominoeffekt, dass zahlreiche weitere Staaten dem amerikanischen Beispiel folgen und dem internationalen Klimaschutz den Rücken kehren, ist ebenfalls ausgeblieben. Dennoch bleibt zu beobachten, wie sich die anderen Länder künftig verhalten. Sollten weitere Staaten das Abkommen wider Erwarten kündigen, wären die Ziele des Pariser Abkommens nicht mehr zu erreichen. Umgekehrt könnte das Ausscheiden der USA auch den Effekt haben, dass sich die Anstrengungen im Rest der Welt noch verstärken. Einfacher würde es jedenfalls nicht.

Vollendete Tatsachen also? Das hängt am Ende dann doch wieder davon ab, wer aus der Auszählung der Stimmen als Sieger hervorgeht. Denn das Abkommen von Paris ermöglicht nicht nur den Rücktritt, sondern auch den Beitritt.

Ansprechpartner*innen: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow

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