Vorsteuerabzug für Stadthalle: BFH schafft Klarheit
Eine Stadthalle will unterhalten, renoviert und in Schuss gehalten werden. Die Kosten dafür sind für die Stadt leichter zu tragen, wenn sie Vorsteuerabzug dafür geltend machen kann. In welchem Umfang das geht, war bisher zweifelhaft. Aber jetzt sind nach einem BFH-Beschluss (Az. Az. XI B 63/10 vom 25.2.2011) die Chancen, den Vorsteuerabzug vor dem Finanzamt vollständig durchzusetzen, deutlich gestiegen.
In dem entschiedenen Fall verpachtete eine Stadt den in ihrem Stadthaus gelegenen Bürgersaal an eine GmbH, die ihn verwaltete und bewirtschaftete und teilweise kurzfristig Unternehmen, Vereinen, Parteien etc. für Veranstaltungen überließ. Die Stadt wollte den vollen Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten geltend machen.
Das Finanzamt ließ den Vorsteuerabzug jedoch nur zu 80 % bzw. 72 % zu. Begründung: Die Umsätze der GmbH seien teilweise steuerfrei gewesen, weil diese keine Option zur Umsatzsteuerpflicht gehabt habe, soweit sie den Saal an Parteien, Vereine und andere nicht-untenehmerische Nutzer vermietet habe.
Die Stadt legte hiergegen Klage ein und gewann (FG Baden-Württemberg, Az. 1 K 29/10). Das Argument des Finanzgerichts: Einen Saal abende- oder tageweise für Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen, sei keine Vermietung im umsatzsteuerlichen Sinne, noch dazu, wenn der Saal nicht nur passiv überlassen wird, sondern weit mehr Leistungen für die Nutzer erbracht werden – z.B. Garderobe, Einlasskontrolle, Bewirtung, und zwar mit eigenem Personal. Auf die Option zur Umsatzsteuerpflicht kommt es somit gar nicht mehr an.
Das Finanzgericht ließ die Revision nicht zu. Auch die Nichtzulassungsbeschwerde des Finanzamts beim Bundesfinanzhof (BFH) hatte keinen Erfolg: Die Position des Finanzgerichts, dass nach der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Mietdauer ein geeignetes Kriterium sei, um eine Vermietungsleistung von einer einheitlichen sonstigen Leistung abzugrenzen, weiche nicht von der bisherigen Rechtsprechung ab. Auch sei von der Rechtsprechung schon lange anerkannt, dass die Erbringung von Zusatzleistungen das Vermietungselement vollständig in den Hintergrund zu rücken vermag, sodass in diesen Fällen ein vollständig steuerpflichtiges „Leistungsbündel“ vorliegt.
Die Auswirkung dieses Beschlusses und des Urteils des Finanzgerichtes auf die Praxis ist noch nicht absehbar. Es sollte aber zumindest anstehende Renovierungen bestehender kommunaler Bürgersäle, Mehrzweckhallen und Kongresszentren erleichtern, da mit dem vollständigen Vorsteuerabzug grundsätzlich ein Finanzierungsvorteil für den Eigentümer bzw. Betreiber verbunden ist. Es wird dabei aber immer auf die konkreten Details der Umsetzung ankommen – insbesondere, was den Umfang des Dienstleistungselementes in der jeweiligen Nutzungsüberlassung betrifft. Unabhängig hiervon empfehlen wir eine Bestandsaufnahme der bestehenden Situation. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.
Ansprechpartner: Rudolf Böck