Erneuerbare: Der Nebel um das EEG 2021 lichtet sich

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Die Liste an Vorschlägen, Forderungen und Mutmaßungen zur nächsten Erneuerbaren-Energie-Gesetz-Novelle ist lang. Doch nun gibt es Hinweise zum tatsächlichen Inhalt des zum 1.1.2021 geplanten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2021).

Allgemeine Ziele: Treibhausneutralität bis 2050 Klimaschutzprogramm 2030

Zunächst soll das EEG 2021 die Treibhausneutralität des gesamten Stromes in Deutschland bis 2050 als Ziel verankern. Dies gilt sowohl für den hier erzeugten als auch für den hier verbrauchten Strom. Bereits bis 2030 sollen die Erneuerbaren Energien 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bereitstellen. Im EEG 2021 sind daher konkrete Festschreibungen darüber geplant, in welchem Umfang und mit welchen Ausbaupfaden die einzelnen Technologien hierzu beitragen sollen. Um die neuen Ausschreibungsmengen realisierbar zu machen, sollen außerdem weitere Flächen für die Wind- und Solaranlagen bereitgestellt werden. So sollen künftig auch weniger windstarke Standorte genutzt werden und auch die Gebietskulisse für Solaranlagen in der Freifläche soll erweitert werden.

Um das 65-Prozent-Ziel zu erreichen, werden konkrete Ausbaupfade für die einzelnen Energieträger (Wind, Solar, Biomasse) festgelegt, die sich dann in den Ausschreibungsmengen widerspiegeln. Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, braucht es aber die gemeinsame Anstrengung aller Akteure in Bund, Ländern und Kommunen. Deshalb sollen auch konkrete Koordinierungsmechanismen verabredet und Regelungen in Planungs-, Genehmigungs- sowie Natur- und Artenschutzrecht vereinfacht und so an die ambitionierten Ausbauziele angepasst werden.

Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie, die das Bundeskabinett bereits im Juni beschlossen hatte (wir berichteten), soll außerdem die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage befreit werden. Die EEG-Umlage soll dabei dennoch nicht ansteigen.

Dämpfung der Kostenentwicklung

Diverse Einzelmaßnahmen im EEG 2021 sollen dazu beitragen, dass die Förderkosten für neue Erneuerbare-Energien-Anlagen weiter sinken. So werden Höchstwerte in den Ausschreibungen für Wind an Land und Photovoltaik reduziert, der sog. atmende Deckel soll auf Kostenentwicklungen bei den Solaranlagen schneller reagieren und die erweiterte Flächenkulisse sowie die Einbeziehung von Auf-Dach-Anlagen in die Ausschreibungen soll den Wettbewerb bei den Solar-Ausschreibungen fördern.

Ein besonders wichtiger Schritt für die Stromverbraucher ist die (teilweise) Finanzierung der EEG-Umlage aus dem Bundeshaushalt. Wie im Klimapaket beschlossen, sollen die Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung, die ab 2021 für die Sektoren Wärme und Verkehr gelten wird, über den nationalen Emissionshandel für die verwendet werden, um die EEG-Umlage zu entlasten. Zusätzlich wurden im sog. Konjunkturpaket Corona-bedingte Zuschüsse zur EEG-Finanzierung in Höhe von 11 Mrd. Euro beschlossen (wir berichteten). Im Ergebnis soll die EEG-Umlage in den nächsten Jahren sinken.

Dies könnte mittelfristig zu konträren Effekten bei der Besonderen Ausgleichsregelung führen, da begünstigte Unternehmen die entsprechenden Schwellenwerte möglicherweise nicht mehr erreichen. Aus diesem Grund soll die Besondere Ausgleichsregelung entsprechend angepasst und so für die Wirtschaft Sicherheit geschaffen werden.

Akzeptanz für den Ausbau Erneuerbaren Energien

Das novellierte EEG soll außerdem Maßnahmen enthalten, um die Akzeptanz für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien aufrechtzuerhalten. Hierzu sollen Standortkommunen an den Erträgen neuer Windenergieanlagen beteiligt werden. Alternativ ist als ergänzendes Instrument vorgesehen, dass Windenergieanlagenbetreiber vergünstigte Stromtarife an Bewohner der Standortkommunen anbieten.

Mieterstrom

Um die Rahmenbedingungen für Solarstrom in urbanen Räumen zu verbessern, soll die Förderung für den sog. Mieterstrom erweitert werden. Ob auch Erleichterungen im Hinblick auf die EEG-Umlage für Eigenversorgungen aus kleinen PV-Anlagen kommen werden, ist hingegen noch ausdrücklich offen gelassen worden und wird weiter politisch diskutiert.

Stärkung der Netz- und Marktintegration

Um die regionale Steuerung zu verbessern – und damit die Integration in das Stromversorgungssystem und eine Reduzierung der Systemkosten zu erleichtern –, sind außerdem „Südquoten“ in den Ausschreibungen für Wind und Biomasse geplant. Dies soll sich entlastend auf den Netzengpass in der Mitte Deutschlands auswirken. Zudem soll die Vergütung von Erneuerbare-Energien-Anlagen bei negativen Börsenpreisen für Neuanlagen ab 100 kW abgeschafft werden. Auch die Stromerzeugung aus Biomasse soll noch flexibler werden; hierzu werden die mengenmäßige Begrenzung der sog. Flexibilitätsprämie aufgehoben und neue Anforderungen für sich flexibilisierende Neuanlagen gestellt.

Einstieg in die „Post-Förderung-Ära“

Für Erneuerbare-Energien-Anlagen, deren gesetzlicher Vergütungszeitraum ab 2021 ausläuft, wird der Rechtsrahmen angepasst. Bereits jetzt gilt, dass der Anspruch auf vorrangige Einspeisung auch nach Ablauf der Förderdauer bestehen bleibt und die Anlagenbetreiber ihren Strom direkt vermarkten können und dadurch Markterlöse für den Weiterbetrieb erzielen. Für Betreiber kleiner Anlagen könnte ein Weiterbetrieb in der Direktvermarktung derzeit unter Umständen unwirtschaftlich sein. Anlagen bis 100 kW sollen deshalb den Strom bis Ende 2027 auch dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen können und hierfür den Marktwert abzüglich der Vermarktungskosten erhalten.

Ansprechpartner: Dr. Martin Altrock/Jens Vollprecht/Dr. Wieland Lehnert

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