Erfreuliches Urteil für Gasversorger: BGH kürzt Rückzahlungsansprüche von Gaskunden auf ein angemessenes Maß

(c) BBH

Können Erdgas-Kunden, in deren Liefervertrag eine ungültige Preisanpassungsklausel enthalten ist, ihr Geld zurückverlangen? Diese bange Frage stellen sich viele Energieversorger und warten auf Antwort vom BGH. Der hat jetzt entschieden – und, wie von uns prognostiziert, können die Energieversorgungsunternehmen (EVU) aufatmen: Mit seinen Entscheidungen vom 14.3.2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass die Rückzahlungsansprüche der Kunden nicht nur aufgrund der Verjährung auf einen regelmäßig dreijährigen Zeitraum beschränkt bleiben, sondern sich die Höhe des Rückzahlungsanspruches im Regelfall auf ein angemessenes Maß verringert.

Wie das? Nun, der BGH hat durch ergänzende Vertragsauslegung anerkannt, dass die übliche Differenzberechnung (Differenz zwischen erhöhtem Gaspreis und ursprünglich vereinbartem Ausgangspreis) immer dann zu einem unbilligen Ergebnis führen kann, wenn der Gasliefervertrag vor vielen Jahren abgeschlossen wurde – in beiden Urteilen ging es um langfristige Erdgas-Sonderlieferverträge von 1981 sowie 1998 –, da dann ein sehr niedriger Ausgangspreis anzusetzen wäre. Wenn aber Kunden Gaspreiserhöhungen auf Grundlage einer unwirksamen Preisanpassungsklausel zunächst widerspruchslos über mehrere Jahre hinweg in Form erhöhter Jahresendabrechnungen beglichen haben, ist ein solches Ergebnis nicht angemessen, schlussfolgerten die BGH-Richter. Preiserhöhungen, die nicht innerhalb eines Zeitraums von wenigstens drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet wurden, können nicht nachträglich als unwirksam behandelt werden.

Diese für EVU erfreulichen Entscheidungen, welche im Ergebnis auch auf Stromversorger entsprechend anwendbar sind, führen dazu, dass sich Kunden dann nicht gegen Preiserhöhungen aufgrund unwirksamer Preisanpassungsklauseln wenden können, wenn diese bereits mehr als drei Jahre zurück liegen. Damit wird die Wirksamkeit der bisherigen Preisanpassungen bei der Berechnung des Preises innerhalb des dreijährigen Zeitraums fingiert. Preisanpassungen, die vor mehr als drei Jahren vorgenommen wurden, gelten mithin als wirksam.

Die Entscheidungen bringen den EVU mehr Rechtssicherheit in Bezug auf Rückzahlungsbegehren von Kunden langfristiger Energielieferverträge. Zwar kann eine detaillierte rechtliche Bewertung aufgrund der bisher ausstehenden Entscheidungsgründe noch nicht vorgenommen werden. Anzunehmen ist aber, dass der BGH seine Urteilsbegründungen maßgeblich auf das Verhalten der anstandslos zahlenden Kunden einerseits und auf die unzumutbaren Folgen für die EVU andererseits gestützt hat.

Ansprechpartner: Dr. Christian de Wyl/Dr. Olaf Däuper/Dr. Jost Eder/Dr. Erik Ahnis

Share
Weiterlesen

02 Mai

Europäischer Emissionshandel: Weniger als 8 Wochen, um kostenlose Zuteilungen für 2026 bis 2030 zu sichern

Anlagenbetreiber aufgepasst: Am 21.6.2024 endet die Antragsfrist für kostenlose Zuteilungen von Emissionszertifikaten. Spätestens jetzt sollte die Vorbereitung der Antragsunterlagen mit voller Kraft laufen, da externe Prüfer diese vor Einreichung noch verifizieren müssen. Und wie berichtet ergeben sich gegenüber dem letzten...

30 April

Das Solarpaket I ist da: Wichtige Neuerungen im Überblick

Am vergangenen Freitag haben Bundestag und Bundesrat das Solarpaket I beschlossen. Nachdem das Gesetz eigentlich noch in 2023 verabschiedet werden und am 01.01.2024 in Kraft treten sollte, wird es nun voraussichtlich im Mai wirksam werden. Nur ein kleiner Teil des...