Rückstellungen für künftige Betriebsprüfungen ein Steuersparmodell?

(c) BBH
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Die meisten Stadtwerke sind nach der Kategorisierung des Finanzamts Großbetriebe, die lückenlos Betriebsprüfungen über sich ergehen lassen müssen. Das kostet Geld, und dafür müssen sie Rückstellungen bilden. Diese Pflicht hat sich neuerdings durch eine Entscheidung (Az. I R 99/10) des Bundesfinanzhofs (BFH) und ein Schreiben (GZ IV C 6 – S 2137/12/10001) des Bundesfinanzministeriums (BMF) deutlich verschärft. 

Als Großbetrieb gilt ein Stadtwerk dann, wenn die Umsatzerlöse über 7,3 Mio. Euro oder der steuerliche Gewinn über 280.000 Euro liegt. Aber auch in anderen Fällen geht das Finanzamt von einem Großbetrieb aus und führt grundsätzlich lückenlos Betriebsprüfungen durch (sog. Anschlussprüfungen). Dabei treffen den Steuerpflichtigen diverse Mitwirkungspflichten: Er muss Auskünfte erteilen, Unterlagen in Papier- bzw. elektronischer Form vorlegen und einen für die Durchführung der Außenprüfung geeigneten Raum zur Verfügung stellen. Dadurch entstehen Büromaterial- und Raumkosten, IT-Kosten, Personalkosten und eventuell Beraterkosten.

Diese Mitwirkungspflichten samt den vorhersehbaren Kosten entstehen erst am jeweiligen Bilanzstichtag des bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahrs. Deshalb erkannte die Finanzverwaltung eine Rückstellung für diese Kosten bisher erst nach Erlass der Prüfungsanordnung durch das Finanzamt an. Dem ist der BFH in seinem Urteil vom 6.6.2012 zumindest für Außenprüfungen bei Großbetrieben im Sinne des § 3 BpO entgegengetreten. Diese müssen in ihrer Bilanz nunmehr Rückstellungen für künftige Betriebsprüfungen schon vor dem Erlass einer Prüfungsanordnung bilden.

Das Urteil des BFH wurde vom BMF mit Schreiben vom 7.3.2013 bestätigt. Das BMF legte für die Finanzverwaltung verbindlich fest, dass die Grundsätze des BFH-Urteils über den Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. Die Rückstellungen müssen demnach jetzt gebildet werden.

Dabei dürfen allerdings nur solche Kosten einbezogen werden, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsprüfung stehen. Ausdrücklich nennt das BMF die Kosten für Anwälte und Steuerberater, die dem Unternehmen in der Betriebsprüfung zur Seite stehen. Allgemeine Verwaltungskosten, die dem Steuerpflichtigen unabhängig von der Betriebsprüfung entstehen, können demgegenüber nicht zurückgestellt werden.

Die Urteilsgründe des BFH ließen offen, ob diese Grundsätze auch für Betriebe gelten könnten, die unterhalb der Umsatz- und Gewinnschwellen für Großbetriebe (sog. Klein- und Mittelbetriebe) liegen. Hierzu stellt das BMF-Schreiben fest, dass Klein- und Mittelbetriebe zur Bildung von Rückstellungen für zukünftige Betriebsprüfungen nicht berechtigt seien.

Der Berechnungsweg für Bewertung der Rückstellungen einerseits in der Handels- und andererseits in der Steuerbilanz unterscheidet sich an drei Stellen und führt zu einem niedrigeren Ansatz der Rückstellung in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz. Diesen doppelten Ermittlungsaufwand scheuen derzeit noch viele Stadtwerke, obwohl ein geringeres zu versteuerndes Einkommen im Jahr der Rückstellungsbildung resultiert und eine Pflicht zur steuerlichen Bildung der Rückstellung besteht. Den betroffenen Stadtwerken ist deshalb zu raten, ein einfaches elektronisches Berechnungstool (z.B. in Excel) zu nutzen, das sowohl steuerliche als auch handelsrechtliche Bewertungsergebnisse liefert. Der handelsrechtlich bedeutsame Diskontierungsfaktor muss jährlich neu eingepflegt werden.

Ansprechpartner: Hilda Faut

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