Das neue Hinweisgeberschutzgesetz: Meldekanäle und neue Unternehmerpflichten

Am 2.7.2023 ist das „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG) in Kraft getreten, das europäische Vorgaben umsetzt. Gegenüber dem  „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“ (GeschGehG) von 2019 erweitert es den Schutz von Hinweisgeber*innen vor negativen Konsequenzen und Repressalien ihrer Arbeitgeber, wenn sie Informationen über Rechtsverstöße aus ihrem beruflichen Umfeld weitergeben.

Was und wen schützt das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Gesetz soll allen hinweisgebenden Beschäftigten aus der Privatwirtschaft und dem öffentlich-rechtlichen Sektor Schutz vor Benachteiligungen bieten und dadurch diejenigen Rechtsverstöße aufdecken helfen, die ansonsten aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen nicht gemeldet werden würden. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll also gewährleisten, dass den Hinweisgebenden keine beruflichen Konsequenzen drohen, und erfasst damit ausschließlich Hinweise im beruflichen Kontext.

Das Hinweisgeberschutzgesetz enthält in § 2 HinSchG einen abschließenden Katalog von Tatbeständen, die Gegenstand einer für dieses Gesetz relevanten Meldung sein können. Dies sind u. a. Straftatbestände, Ordnungswidrigkeiten, soweit es um den Schutz von Leib, Leben und Gesundheit geht sowie um bestimmte Rechtsvorschriften, wie z. B. Regelungen zur Geldwäsche-Bekämpfung.

Der Anwendungsbereich umfasst Verstöße sowohl gegen EU-Recht als auch gegen nationales Recht.

Interne Meldestelle nach dem HinSchG – im Unternehmen oder als Dienstleistung

Das HinSchG gilt grundsätzlich für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe. Eine der wesentlichen neuen Pflichten trifft aber nur Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten: Nur sie müssen eine interne Meldestelle für Hinweisgebende einrichten. Arbeitgeber aus der Privatwirtschaft können auch gemeinsam eine interne Meldestelle einrichten, wenn sie zwischen 50 und 249 Mitarbeiter beschäftigen. Die interne Meldestelle kann auch ein externer Dienstleister sein.

Das Hinweisgeberschutzgesetz zeigt zwei verschiedene Meldewege auf. Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten müssen eine interne Meldestelle einrichten und den Beschäftigten die Möglichkeit geben, diese auch zu nutzen. Dabei soll jedoch die Meldung an externe Meldestellen nicht beeinträchtigt werden. Letztere werden beim Bundesamt für Justiz eingerichtet, die Hinweise aus der Privatwirtschaft und dem Public Sector aufnehmen werden.

Die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle besteht bereits seit dem 2.7.2023. Die Nichteinrichtung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die ab dem 1.12.2023 mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro nach § 30 OWiG geahndet werden kann.

Beweislastumkehr

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft die Beweislastumkehr zugunsten des Hinweisgebenden. Der Arbeitgeber muss nachweisen können, dass im Falle einer Kündigung von Beschäftigten keine Verbindung mit der Meldung von Missständen besteht. Dennoch muss auch die hinweisgebende Person darlegen können, dass der geltend gemachte Nachteil eine Verbindung zu der Meldung hat.

Hierbei ist zu beachten, dass Hinweisgebenden eine Schadensersatzklage droht, wenn sie falsche Informationen weitergeben, gleich ob fahrlässig oder vorsätzlich.

Operativer Umgang mit Meldungen

Die Aufgaben der internen Meldestelle und das Verfahren bei internen Meldungen sind in § 17 HinSchG geregelt. Die interne Meldestelle hat danach folgende Aufgaben:

  • Eingangsbestätigung spätestens nach sieben Tagen,
  • Prüfung, ob der gemeldete Verstoß in den Anwendungsbereich des HinSchG fällt,
  • Aufrechterhaltung des Kontaktes mit der hinweisgebenden Person,
  • Prüfung der Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung,
  • Abfrage weiterer Informationen,
  • Umsetzung angemessener Folgemaßnahmen sowie
  • Rückmeldung an hinweisgebende Person innerhalb von drei Monaten über geplante oder ergriffene Folgemaßnahmen (z. B. interne Untersuchungen, Verweisung der hinweisgebenden Person an andere zuständige Stellen, Abschließen des Verfahrens aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen und Abgabe zwecks weiterer Untersuchungen an eine für interne Ermittlungen zuständige Einheit oder an eine zuständige Behörde).

Umgang mit anonymen Hinweisen

Die Frage, ob auch anonyme Meldungen ermöglicht und beachtet werden müssen, war im Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten. Nach § 16 HinSchG besteht letztlich keine Verpflichtung, eine anonyme Meldung entgegenzunehmen. Die interne Meldestelle „soll“ lediglich auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten – muss es also nicht.

Ausblick

Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten benötigen ein (vorzugsweise digitales) Hinweisgebersystem und einen sicheren internen Meldekanal zur effizienten Aufnahme von Meldungen. Die einzurichtende interne Meldestelle muss einen professionellen Umgang mit Hinweisen und der Prüfung und Bewertung der Meldungen gewährleisten. Meldungen werden nicht täglich erfolgen – aber die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und professionelle Bearbeitung eingehender Meldungen sind im originären Interesse der betroffenen Unternehmen, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden und um ein Organisationsverschulden sowie einen Reputationsschaden zu vermeiden. Die Auslagerung der internen Meldestelle auf Dienstleister ist dabei eine sachgerechte Alternative, die der Gesetzgeber ermöglicht hat.

Ansprechpartner*innen: Dr. Jost Eder/Tobias Sengenberger/Alexander Bartsch/Julia Scheidt

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