Was lange währt, wird endlich gut? – Die 9. GWB-Novelle tritt morgen in Kraft.

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Nach der heutigen Verkündung im Bundesgesetzblatt (BGBl.) tritt am morgigen Tag die lang erwartete und bereits im Vorfeld viel diskutierte 9. GWB-Novelle (wir berichteten) mit leichter Verspätung in Kraft.

Viel Streit gab es bis zuletzt, insbesondere zu den Vorschriften zur privaten Kartellrechtsdurchsetzung, die aufgrund der EU-Kartellschadensersatzrichtlinie (RL 2014/104/EU) vom 26.11.2014 bis zum 27.12.2016 in das deutsche Recht zu implementieren waren. Ziel der Kartellschadensersatzrichtlinie ist es, die Rechtssysteme innerhalb der EU hinsichtlich der privaten Durchsetzung von Kartellrecht zu harmonisieren und zu stärken.

Bereits an der Frage, ob diese Richtlinie dem deutschen Gesetzgeber zur Stärkung des sog. Private Enforcement überhaupt noch mehr als das bereits geltende Recht abverlangt, schieden sich die Geister. Denn die Rechtslage in Deutschland war auch schon dank der 7. GWB-Novelle und der in der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen sehr klägerfreundlich. Positiv ist auf jeden Fall schon mal, dass vermehrt über die Möglichkeit Kartellgeschädigter, Schadenersatz von den Kartellanten zu verlangen, berichtet wird. Für die Durchsetzung hilfreich dürften insbesondere die Vorschriften zur Verjährung und zur Kostenerstattung bei Nebenintervention, die Einführung eines materiell-rechtlichen Herausgabe- und Auskunftsanspruchs sowie die widerlegliche Vermutung für das Entstehen von Schäden aus Kartellverstößen sein (wir berichteten).

Fest steht allerdings auch, dass die privaten Kläger den Kartellbehörden bei der Durchsetzung des Kartellrechts keine Arbeit abnehmen werden. Denn private Schadensersatzklagen fußen mit wenigen Ausnahmen als sog. Follow-on actions auf den (Bußgeld-)Entscheidungen der Kartellbehörden und werden deshalb auch in der Zukunft nur ergänzend zur Ahndung von Kartellverstößen beitragen.

Wie sich die private Durchsetzung von Kartellrecht in Gestalt von Kartellschadensersatz nicht nur in Deutschland, sondern in den Mitgliedstaaten der EU entwickeln wird und ob die Umsetzung der Kartellschadensersatzrichtlinie es auch tatsächlich leichter machen wird, private Kartellschadensersatzklagen durchzusetzen, bleibt abzuwarten. Die Kommission hat sich vorgenommen, die Richtlinie zu überprüfen und dem Europäischen Parlament und Rat bis zum 27.12.2020 zu berichten.

Nicht zu vergessen ist, dass die 9. GWB-Novelle neben der Umsetzung der EU-Kartellschadensersatzrichtlinie auch noch weitere Problemfelder im Kartellrecht angeht (wir berichteten). So wird insbesondere dem digitalen Fortschritt Rechnung getragen und die Rechtslücke bei der Verantwortlichkeit von Muttergesellschaften und Rechtsnachfolgern für Kartellverstöße von Tochtergesellschaften bzw. von erworbenen Unternehmen („Wurstlücke“) gefüllt. Hier stieß das Bundeskartellamt (BKartA) zuletzt an die gesetzlichen Grenzen des GWB. Für den Bereich der Energiewirtschaft ist an dieser Stelle noch hervorzuheben, dass die zeitliche Geltung des § 29 GWB um fünf Jahre verlängert wird. Begründet hat der Gesetzgeber dies damit, dass trotz der allgemein festzustellenden Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen auf den Strom- und Gasmärkten für diese Übergangszeit weiterhin die verschärfte Preismissbrauchsaufsicht möglich bleiben soll, weil es hierfür insbesondere im Bereich der Grundversorgung noch Bedarf geben könnte. Dort sind die Kartellbehörden (z.B. in Niedersachsen) aktuell auch tätig.

Ansprechpartner: Dr. Olaf Däuper/Dr. Holger Hoch/Dr. Tigran Heymann/Anna Lesinska-Adamson

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