Fortsetzungsroman: Das CCS-Gesetz kommt wegen Nebensächlichkeit in den Vermittlungsausschuss

(c) BBH

Das große Ganze ist es nicht allein. Das musste jetzt auch die gesetzliche Regelung für die CO2-Abscheidung und -Speicherung (engl. Carbon Dioxide Capture and Storage, kurz CCS) erfahren. Folgt der Bundesrat in seiner Plenarsitzung am 23. September 2011 seinen eigenen Fachleuten aus dem Ausschuss Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, dann landet das vom Bundestag bereits am 7. Juli 2011 beschlossene Gesetz (BT-Drs. 17/5750) nach Art. 77 Abs. 2 Satz 1 GG im Vermittlungsausschuss. Dies allerdings wegen eines Grundes, der vergleichsweise Kleinkram ist, wenn man die bisherigen Debatten noch im Kopf hat.

Stritt man in der Vergangenheit (siehe auch unsere Blogs vom 29. April und 15. August) darüber, wie weit die Länderautonomie reicht und wie groß die Gefahren der Technologie an sich sind, geht es nun um ein „kann“ statt eines „hat“ im Rahmen des Art. 1, § 31 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes. Nicht mehr die Frage, ob CCS tatsächlich kommen sollte, steht für den Ausschuss im Mittelpunkt, sondern die Sorge um den Betrieb stillgelegter Speicherstätten. Kann der Staat dies besser als der bisherige private Speicherbetreiber? Oder genauer gesagt: „Kann“ er den Privaten die Nachsorge überlassen oder „hat“ er sie selbst zu betreuen?

Die „big points“ Länderklausel und Sicherheit haben also keine Mehrheiten im Ausschuss gefunden. Statt ihrer kommt die Nachsorge-Sorge der Länderexperten zum Tragen. Und die scheint tatsächlich gravierend zu sein. Das zustimmungsbedürftige CCS-Gesetz braucht mindestens 35 der 69 Länderstimmen im Bundesrat, und die hat sie dem Vernehmen nach heute jedenfalls nicht. Oder sollte man etwa sagen noch nicht?

Offen bleibt bislang auch, ob es entsprechende Plenaranträge geben wird, das Gesetz generell abzulehnen oder in wesentlicheren Teilen abzuändern. Plenaranträge werden üblicherweise in der Woche gestellt, in der auch der Bundesrat tagt. Unsere Einschätzung: Es wird mindestens einen Plenarantrag (aus einem Land mit potentiellen Speichermöglichkeiten) geben, um die Opt-Out-Klausel zu kippen.

Geht das Gesetz in den Vermittlungsausschuss, werden dessen Mitglieder, jeweils 16 Vertreter von Bundestag und Bundesrat, einen für alle tragbaren Kompromiss zu finden versuchen. Dies kann ungeachtet der drei vorgeschriebenen Sitzungen ganz schnell gehen, sich aber auch Monate in die Länge ziehen. Ändert sich das Gesetz nicht, so geht dieses „unechte Ergebnis“ zurück in den Bundesrat; er beschließt dann über die Zustimmung zum Gesetz. Werden Änderungen vorgeschlagen – gegebenenfalls nur ein Komma verschoben –, so geht das Gesetz wieder in den Bundestag zurück, wird dort erneut beschlossen und landet wieder im Bundesrat. Und kann dann auch hier endgültig scheitern. Zwischendurch könnte wieder der Vermittlungsausschuss ins Spiel kommen.

Und wie geht dieses verworrene Verfahren mit der Umsetzungspflicht bei der EU-Richtlinie 2009/31/EG über die geologische Speicherung von Kohlendioxid zusammen? Zwar scheint diese Richtlinie die Etablierung von CCS gar nicht so zwingend vorzuschreiben, wie man vielerorts hört. Aber Brüssel wird sich dennoch bestimmt nicht über die Verzögerung freuen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann

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