Klimaschutzverträge für die Dekarbonisierung der Industrie: Die erste Gebotsrunde ist gestartet

Am Dienstag, 12.3.2024, hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck das erste Gebotsverfahren für die Klimaschutzverträge gestartet und den Förderaufruf für die erste Gebotsrunde veröffentlicht. Unternehmen sollten sich mit diesem Instrument jetzt intensiv beschäftigen, wenn sie von dieser Förderung profitieren möchten. Dabei stehen für diese erste Gebotsrunde vier Milliarden Euro zur Verfügung. Im Herbst 2024 folgt eine zweite Gebotsrunde mit einem Volumen von voraussichtlich 19 Milliarden Euro, im kommenden Jahr sind zwei weitere Auktionsrunden vorgesehen. Damit sind schon jetzt Förderungen für die Transformation der Industrie allein auf diesem Weg in einem zweistelligen Milliardenbetrag fixiert.

Das Konzept der Klimaschutzverträge

Klimaschutzverträge sollen die deutsche Industrie auf ihrem Weg in die klimaneutrale Produktion unterstützen. Mit dem Klimaschutzvertrag verpflichtet sich die Bundesrepublik Deutschland, die Mehrkosten zu übernehmen, die bei einer „grünen“ gegenüber einer „grauen“ Produktion entstehen, wenn Unternehmen von fossilen auf CO2-neutrale „transformative“ Produktionsverfahren umstellen. Gefördert werden Investitionskosten für die neuen Produktionsverfahren und Betriebskosten, die mit der transformativen Produktion entstehen.  Die Höhe der voraussichtlichen Mehrkosten ermittelt das Unternehmen selbst und geht mit diesem „CO2-Vermeidungspreis“ in die Gebotsrunde. Ausgehend von dem Gebotspreis und Zuschlagsparametern wie Förderkosteneffizienz und relativer Treibhausgasminderung wird nicht nur über den Zuschlag entschieden, sondern auch die künftige Bezuschussung errechnet. Dabei wird die Förderhöhe über eine komplexe Formel und etliche Parameter wie die aktuellen Energiepreise, CO2– und Produktpreise über die gesamte Förderdauer jährlich neu ermittelt. Da die Förderhöhe auch von der Entwicklung des CO2-Preises abhängt, kann es zu Rückzahlungen seitens der Unternehmen kommen.

Wesentlich: Vorliegen eines transformativen Produktionsverfahrens

Wesentlich für eine Förderung ist, dass die Herstellung eines industriellen Produkts, die in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fällt, transformativ ist. Ansatzpunkte für die geförderte transformative Industrieproduktion sind die Umstellung auf Technologien, die am Markt bislang nicht etabliert oder nicht preissetzend sind, sowie der Wechsel zu klimaneutralen Energieträgern und Einsatzstoffen. Dazu zählt auch der Einsatz von Technologien zur Abtrennung und langfristigen Speicherung oder Produktbindung oder Kreislaufführung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS und Carbon Capture and Use, CCU). Neben der Direktelektrifizierung fördern Klimaschutzverträge vor allem die Nutzung von grünem und von CO2-armem Wasserstoff zur Herstellung industrieller Produkte. Auch der industrielle Einsatz von Biomasse kann von Klimaschutzverträgen profitieren.

Das erste Gebotsverfahren 

Dem ersten Gebotsverfahren – das auch als Pilotverfahren gilt – ging im letzten Sommer ein sogenanntes vorbereitendes Verfahren voraus. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) konnte so einen Eindruck von den unterschiedlichen Dekarbonisierungsprojekten gewinnen und auf dieser Grundlage den Förderaufruf für die erste Gebotsrunde vorbereiten. Die Teilnahme am vorbereitenden Verfahren ist eine Zulassungsvoraussetzung, um am Gebotsverfahren teilzunehmen. Unternehmen, die sich beteiligt haben, haben entsprechende Zulassungsschreiben vom BMWK erhalten.

Innerhalb dieses ersten Gebotsverfahrens, in dem Gebote bis zum Ablauf des 11.7.2024 einzureichen sind, wird die maximale gesamte Fördersumme je Unternehmen auf eine Milliarde Euro begrenzt. Dies schließt sehr große Vorhaben aus Industrien wie dem Stahl- oder Ammoniaksektor in der aktuellen Runde aus und erhöht die Zuschlagswahrscheinlichkeit für kleinere Vorhaben, unter anderem aus dem Mittelstand.

Das BMWK hat eine ganze Reihe von Dokumenten und Formblättern online gestellt. Dort finden sich alle für das Gebotsverfahren notwendigen Dokumentenformulare, insbesondere die Vorhabenbeschreibung und das quantitative Abfragedokument inkl. Finanzierungsplan. Veröffentlicht wurden auch vier Muster für die eigentlichen Klimaschutzverträge, die Industrieunternehmen mit der Bundesrepublik Deutschland schließen werden, wenn sie im Gebotsverfahren erfolgreich sind.

Ein positives Signal

Ob die Klimaschutzverträge den erwünschten Transformationseffekt erzielen werden, wird sich zeigen. Die Entwicklung dieses Instruments vom Interessenbekundungsverfahren im Mai 2022 bis heute ist jedenfalls ein positives Signal für den Industriestandort Deutschland.

Ansprechpartner*innen: Dr. Martin Altrock/Dr. Tigran Heymann/Carsten Telschow/Dr. Hanno Butsch/Fabian Rottmann/Vera Grebe

PS: Falls Klimaschutzverträge für Sie und Ihr Unternehmen interessant sind, besuchen Sie gerne unser Webinar: Aktuelle Förderrichtlinie Klimaschutzverträge „Klimaneutrale Produktionsverfahren in der Industrie“ am Mittwoch, 20.3.2024, 9.30–12.00 Uhr oder Dienstag, 9.4.2024, 10.00–12.30 Uhr.

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