Schlichtungsstellen bleiben ein Thema für die Wasserwirtschaft!

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Vor mehr als vier Jahren trat das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft – und ist immer noch nicht in der Wasserwirtschaft angekommen. An nicht wenigen Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsunternehmen ist vorbeigegangen, dass sich auch für sie Pflichten aus dem VSBG ergeben.

Unternehmen müssen sich entscheiden – und darüber informieren

Bei den Verpflichtungen des VSBG handelt es sich nicht nur um einen Nebenkriegsschauplatz. Das zeigen schon die Streitigkeiten zum VSBG, die bereits mehrfach den Bundesgerichtshof (BGH) (Urt. v. 21.8.2019, Az. VIII ZR 263/18; Urt. v. 22.9.2020, Az. XI ZR 162/19) und sogar den Europäischen Gerichtshof (EuGH) (Urt. v. 25.6.2020, Rs. C-380/19) beschäftigt haben. Das VSBG gilt auch für alle Unternehmen der Wasserwirtschaft, die ihre Privatkunden auf vertraglicher und nicht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (Satzung) mit Wasser versorgen und/oder das Abwasser beseitigen. Sie müssen sich entscheiden, inwieweit sie freiwillig zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit sind (wir berichteten).

Wenn ein Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – dazu gehören auch Ergänzende Bedingungen zur Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) – verwendet oder eine Webseite unterhält, muss er den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich informieren. Das VSBG enthält allerdings zwei gestaffelte Hinweispflichten.

Der Verbraucher ist zunächst darüber zu informieren, inwieweit der Unternehmer bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Das heißt, die Teilnahmepflicht ist von der Teilnahmebereitschaft zu unterscheiden.

Da es für Unternehmen der Wasserwirtschaft keine gesetzliche Pflicht zur Teilnahme gibt, kommt für sie, neben der Erklärung zur Teilnahmebereitschaft, nur die freiwillige Verpflichtung in Betracht. Hat sich das Unternehmen dazu entschieden, kann es die Teilnahme am Verfahren im Einzelfall nicht mehr ablehnen, wenn der Antrag des Verbrauchers an die Schlichtungsstelle übermittelt worden ist. Unternehmen der Wasserwirtschaft, die am Streitbeilegungsverfahren partizipieren wollen, können und sollten sich also entscheiden, ob sie sich nur zur Teilnahme bereit erklären oder freiwillig verpflichten wollen.

Eine Entscheidung mit Folgen

Die Entscheidung hat auch unmittelbare Auswirkungen auf den Umfang der Hinweispflicht nach dem VSBG. Dies wird allerdings erst bei genauerer Lektüre der Rechtsprechung des BGH deutlich.

Einfach gesagt heißt das: Jedes Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsunternehmen, für das der § 36 VSBG gilt, muss auf der Webseite und in seinen AGB darüber informieren, ob eine Teilnahmebereitschaft besteht oder nicht. Besteht eine Teilnahmebereitschaft, sind die Angaben zur zuständigen Verbraucherschlichtungsstelle nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG optional und sollten dann natürlich inhaltlich zutreffen. Zwingend anzugeben ist die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle samt Anschrift und Webseite dann, wenn sich ein Unternehmen, über die  bloße Teilnahmebereitschaft hinaus, freiwillig zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren verpflichtet hat. Analog dazu dürfte von den weitergehenden Angaben derjenige befreit sein, der zur Teilnahme erst gar nicht bereit ist. Allerdings muss er dem Verbraucher jedenfalls seine fehlende Teilnahmebereitschaft mitteilen.

Doch auch bei der Erklärung zur Teilnahmebereitschaft müssen Unternehmen aufpassen: Die Erklärung muss zwar keine weitergehenden Angaben zur Verbraucherschlichtungsstelle enthalten, aber konkret genug formuliert sein, um nicht gegen die Vorgaben des VSBG zu verstoßen. Was nicht ausreicht, ist etwa die Mitteilung „grundsätzlich zur Teilnahme bereit zu sein“. In seinem Urteil vom 22.9.2020 hat der BGH nochmals ausdrücklich bestätigt, dass die entsprechenden Erklärungen, wie auch die erforderlichen Informationen, so sie denn anzugeben sind, sowohl in den AGB, sprich den Ergänzenden Bedingungen, als auch auf der Webseite enthalten sein müssen.

Neue Bezeichnung übernehmen

Außerdem hat sich zum 1.1.2020 die Bezeichnung der allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle geändert. Seit Beginn des Jahres 2020 heißt sie „Universalschlichtungsstelle des Bundes“ und ist seither auch so zu bezeichnen. Sollte auf der Webseite oder in den AGB bzw. Ergänzenden Bedingungen noch die ursprüngliche Verbraucherschlichtungsstelle benannt sein, besteht also Änderungsbedarf.

Ansprechpartner*innen: Daniel Schiebold/Sascha Köhler

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