Alle (zwei) Jahre wieder: das neue Sektorgutachten der Monopolkommission

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Seit 2005 untersucht die Monopolkommission im Zwei-Jahres-Rhythmus, wie sich der Wettbewerb in den deutschen Strom- und Gasmärkten entwickelt hat und erarbeitet auf dieser Grundlage wettbewerbspolitische Handlungsempfehlungen. Jetzt liegt das 7. Sektorgutachten 2019 mit dem Titel „Wettbewerb mit neuer Energie“ vor. Darin untersucht die Kommission nicht nur die Stromgroßhandels-, Regelenergie- und Ausschreibungsmärkte, sondern erstmals auch den Bereich des Ladensäulenaufbaus für E-Mobility. Über das letzte Gutachten aus dem Jahr 2017 hatten wir hier berichtet.

Die Monopolkommission konstatiert zunächst, dass sich der Wettbewerb im Endkundenvertrieb mit Strom und Gas „grundsätzlich erfreulich“ entwickelt. Wie sich die seit längerem geplante und gerade erst von der Europäischen Kommission genehmigte Fusion von E.ON und Innogy, gegen die Wettbewerber aus dem Markt im Vorfeld gravierende Bedenken geäußert haben, auf diese Märkte auswirkt, untersucht das Gutachten aber nicht näher.

Im Bereich des Stromgroßhandels befürchtet die Monopolkommission aufgrund der künftigen Verknappung der Erzeugungskapazitäten, dass Erzeuger durch bewusste Zurückhaltung von Kapazitäten den Strompreis beeinflussen können. Den Entwurf des gemeinsamen Leitfadens des Bundeskartellamts (BKartA) und der Bundesnetzagentur (BNetzA) zur Anwendung der Missbrauchsaufsicht, der dem entgegentreten soll, bewertet die Kommission grundsätzlich positiv. Allerdings verblieben hier zahlreiche Unklarheiten im Hinblick die angewendeten Maßstäbe (insbesondere die zeitliche Marktabgrenzung), das Konzept zur Kontrolle von als „technisch bedingt“ deklarierten Ausfällen sowie der Möglichkeit, eine Kapazitätszurückhaltung mit einer Vollkostenunterdeckung zu rechtfertigen.

Im Jahr 2018 haben Anbieter von Regelenergie im Ausschreibungsverfahren bei den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) besonders niedrige Leistungspreise angeboten, um den Zuschlag zu erhalten. Die fehlenden Erlöse wurden mit überhöhten Arbeitspreisen kompensiert. Die Monopolkommission empfiehlt, wie von den ÜNB kürzlich vorgeschlagen, einen Regelarbeitsmarkt zu schaffen, um dieses Verhalten abzustellen. Ein Mischpreissystem sei mit den europäischen Vorgaben nicht vereinbar. Interimsweise sollten im geltenden Ausschreibungssystem eine technische Preisgrenze oder ein Einheitspreisverfahren eingeführt werden, bei dem alle Anbieter eine Vergütung in Höhe des letzten bezuschlagten Angebots erhalten.

Im Hinblick auf die Ausschreibungen für Erneuerbare Energien sieht die Monopolkommission Handlungsbedarf bei der Teilnahme an Onshore-Windenergieausschreibungen. Hier geht das Gebotsvolumen zurück, weil nicht genügend Flächen bzw. Genehmigungen zur Verfügung stehen. Gleichzeitig wurde die Ausschreibungsmenge durch Sonderausschreibungen noch erhöht. In dieser Situation von regelmäßig unterdeckten Ausschreibungen fehle es an wirksamem Wettbewerb. Solange entsprechende Flächen und Genehmigungen nicht zur Verfügung stehen, sollten die Ausschreibungsbedingungen nach der Empfehlung der Monopolkommission daher an das begrenzte Flächen- bzw. Genehmigungspotential angepasst werden.

Beim Aufbau öffentlicher Ladeinfrastruktur für E-Mobility sieht die Kommission das Risiko, dass einzelne Betreiber von Ladesäulen regionale Monopolstellungen erlangen und potentiell überhöhte Preise verlangen. Daher sollen die Kommunen möglichst mit unterschiedlichen Anbietern kontrahieren. Die Kartellbehörden sollten einschreiten, wenn Kommunen den Aufbau marktbeherrschender Stellungen durch einzelne Ladeinfrastrukturanbieter begünstigen. Falls dies mittelfristig nichts hilft, wäre eine Öffnung der Ladeinfrastruktur zum Durchleitungswettbewerb zu etablieren.

Es ist zu begrüßen, dass die Monopolkommission die wettbewerblichen Entwicklungen auf den Energiemärkten regelmäßig untersucht und bewertet. Im Vergleich zu früheren Untersuchungen hat sich das Gremium dieses Mal aber mit ordnungspolitischen Forderungen weitgehend zurückgehalten. Wenn die Monopolkommission aber in zwei Jahren wieder ihren Bericht vorlegt, wird sicherlich sichtbar werden, wie sich die Fusion von E.ON und RWE in den Energiemärkten auswirkt. Dann wird sich zeigen, ob sie wesentlich weitergehende Handlungsempfehlungen ausspricht, als sie es diesmal für erforderlich gehalten hat.

Ansprechpartner: Prof. Dr. Ines Zenke/Dr. Tigran Heymann/Dr. Christian Dessau/Dr. Alexander Dietzel

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